Home 5 Gesundheitspolitische Forderungen von MEDI GENO Deutschland e. V. zur Bundestagswahl 2025

Fachkräfte- und Ärztemangel, Anstieg an chronischen Erkrankungen und Arztbesuchen und eine immer älter werdende Bevölkerung und damit eine weiter steigende Inanspruchnahme von Haus- und Fachärztinnen und -ärzten sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten in den Praxen, im ärztlichen Bereitschaftsdienst und den Notfallambulanzen der Kliniken – das ist die aktuelle Lage der medizinischen Versorgung in Deutschland.

Die unbeschränkte Versorgungskapazität, die die Politik so gerne verspricht, ist in der Realität leider längst nicht mehr zu gewährleisten. Die Ressource Arzt ist ein sehr knappes Gut geworden. Der medizinische Nachwuchs fehlt zunehmend in der ambulanten Versorgung, weil die Rahmenbedingungen durch budgetierte Leistungen, überbordende Bürokratie oder nicht praktikabler Digitalisierung immer unattraktiver werden. Schließungen von Notfallpraxen und fehlende Haus- und Facharztpraxen sind die Folgen. Der Fachkräftemangel beim medizinisch assistierenden Personal bringt die Praxen und somit auch die medizinische Versorgung ans Limit.

Der Ausstieg aus den Praxen und Einstieg in den verdienten Ruhestand der sogenannten „Boomer-Generation“ in den nächsten Jahren bringt die Versorgung schon bald an einen gefährlichen Kipppunkt. Schon jetzt finden Patientinnen und Patienten keine Hausärztin oder keinen Hausarzt mehr oder warten monatelang auf Facharzttermine.

Deshalb sind auch die Partizipationsmöglichkeiten der niedergelassenen Ärzteschaft bei gesundheitspolitischen Prozessen und Entscheidungen dringend geboten. Nur mit Unterstützung unserer ärztlichen Kompetenz und unseren praktischen Erfahrungen können effiziente und vor allem realistische Lösungen gemeinsam gefunden werden.

Es muss jetzt gehandelt werden, um das Ruder noch herumzureißen und die Weichen für eine moderne, zukunftsweisende Gesundheitsversorgung zu stellen. Damit das gelingen kann, stellt der Ärzteverband MEDI GENO Deutschland e. V. folgende Forderungen an die künftige Bundesregierung.

UNSERE FORDERUNGEN:

Patientensteuerung

Um weiterhin eine qualitativ hochwertige Versorgung zu gewährleisten, muss es gelingen, eine sinnvolle Patientensteuerung zu implementieren, sprich das Notwendige vom Unnötigen zu trennen – sowohl im ambulanten Bereich als auch bei der Notfallversorgung.

Wie kann das gelingen? Den Versicherten in Deutschland muss einerseits mehr Mitverantwortung aufgetragen und andererseits durch Erlangen von Gesundheitskompetenz mehr Orientierung mitgegeben werden. Die überhöhte Anspruchshaltung an eine Versorgung rund um die Uhr – außerhalb der Notfallversorgung – ist nicht mehr leistbar. Das muss der Versicherte wissen und notfalls auch spüren. Unnötige Arztbesuche können nicht weiter durch die Solidargemeinschaft finanziert werden. Um das zu verhindern, können Patientenanreize beispielsweise durch die Krankenkassen im Rahmen eines Bonussystems hilfreich sein.

Auch die Hausarztzentrierte Versorgung (HZV) beziehungsweise ein sogenanntes Primärarztsystem sowie die Selektivverträge unterstützen eine effiziente Patientensteuerung. Die Haus- und Facharztverträge in Baden-Württemberg sind hierfür ein sehr erfolgreiches Beispiel. Um eine bessere Lenkung des Notfallbetriebs zu erreichen, muss eine verbindliche Steuerung über ein einheitliches Ersteinschätzungssystem erfolgen und etabliert werden. Über bereits verfügbare Instrumente, wie die Rufnummer 116 117, kann der Versicherte schneller und ressourcensparend an den richtigen Versorgungsort geleitet werden.

MEDI GENO Deutschland fordert eine rationale und effiziente Patientensteuerung durch bundesweite Selektivverträge, Patientenanreize und weitere Steuerungsmaßnahmen, die das Gesundheitssystem entlasten.

 

Entbudgetierung / GOÄ

Die Politik verspricht unbegrenzte ärztliche Leistungen und verschweigt, dass durch festgesetzte Obergrenzen und Pauschalen – die sogenannte Budgetierung – viele Behandlungen nicht finanziert werden. Wichtige therapeutische Leistungen werden somit durch wirtschaftliche Zwänge eingeschränkt.

Zur Gewährleistung einer adäquaten und stabilen ambulanten Versorgung müssen aber alle Haus- und Facharztleistungen angemessen und vollständig vergütet werden, auch um die eigene Niederlassung für junge Medizinerinnen und Mediziner wieder attraktiv zu machen.

Auch wenn die Regierung auf den letzten Metern vor der Bundestagswahl noch für die Entbudgetierung der Hausärzteschaft gestimmt hat, darf sie kein leeres Wahlversprechen bleiben. Ferner muss sie richtig ausgestaltet werden, damit sie keine Mogelpackung wird. Auch die Leistungen der Fachärztinnen und Fachärzte müssen im nächsten Schritt dringend entbudgetiert werden.

Die Festlegung pauschaler Leistungsinhalte ist zudem ebenso fragwürdig wie das Einschließen von Leistungen, die nicht Teil der medizinischen Behandlung sind – wie beispielsweise Dokumentationsleistungen. Eine Entbudgetierung aller erbrachten ärztlichen Leistungen inklusive bürokratischer Aufgaben würde die Anforderungen mindern und die Ausgaben effizienter machen. Das würde zwangsläufig dazu führen, dass Ärztinnen und Ärzten mehr Raum für die originären ärztlichen Aufgaben bleibt.

Zudem fordern wir eine Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), die allen Fachgruppen gleichermaßen gerecht wird und die niedergelassene Ärzteschaft nicht spaltet.

MEDI GENO Deutschland fordert eine echte Entbudgetierung aller ärztlichen Leistungen für Fach- und Hausärztinnen und -ärzte. Wir brauchen eine leistungsgerechte, planbare und verlässige Vergütung, um die Versorgung auch in Zukunft zu sichern.

 

Digitalisierung

Eine funktionierende Digitalisierung im Gesundheitswesen ist nötig und kann die Arbeit der Praxen deutlich entlasten. Sie muss aber für Praxen und Patientinnen und Patienten gleichermaßen sinnvoll sein. Was uns die Politik seit Jahren an Lösungen anbietet, ist insuffizient, teuer, umständlich und birgt zahlreiche Risken. Bei der elektronischen Patientenakte (ePA) beispielsweise überwiegen neben den Vorteilen aktuell die Nachteile. Denn die ePA ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht sicher und nicht praktikabel.

Die frühzeitige Benennung und auch Klärung der Risiken beim Datenschutz, Datenzugriff und bei der Datensicherheit müssen rechtzeitig transparent gemacht und kommuniziert werden. MEDI GENO fordert bei der ePA umfassende Testphasen im Vorfeld des bundesweiten Rollouts und eine ehrliche Informationskampagne für die Öffentlichkeit durch Politik und Krankenkassen. Zudem benötigen wir bei sensiblen Digitalprojekten wie der ePA eine sogenannte Opt-in-Lösung, um die Patientenrechte zu schützen und letztlich mehr Akzeptanz in der Bevölkerung und in der Ärzte- und Psychotherapeutenschaft für die ePA zu erlangen.

MEDI GENO Deutschland fordert bei der geplanten Einführung von digitalen Projekten eine frühzeitige Einbindung der Praxen.

 

Entbürokratisierung

Die Politik sucht nach immer mehr Möglichkeiten die eigentliche ärztliche Tätigkeit zu substituieren. Die Unnötige, sehr zeit- und ressourcenfressende Bürokratie hingegen – und damit nicht primäre ärztliche Tätigkeit – wird trotz sehr knapper Ressourcen aber keinesfalls reduziert oder ersetzt. Im Gegenteil: Sie wird stetig weiter ausgebaut. Drangsalierungen durch Vorschriften, Anfragen von Landratsämtern, Sozialgerichten, der Bundesagentur für Arbeit oder etliche Nachfragen von Krankenkassen und Versicherungen verringern die Zeit für die Patientenversorgung erheblich und verschlingen dringend nötige Kapazitäten. Auch den ärztlichen Nachwuchs schreckt die überbordende Bürokratie ab, sodass immer weniger junge Medizinerinnen und Mediziner eine Niederlassung in Erwägung ziehen. Das kann sich die Gesundheitsversorgung in Deutschland nicht mehr leisten.

MEDI GENO Deutschland fordert mehr ärztliche Eigenverantwortung, weniger Kontrolle und Regulierung und einen massiven Abbau bürokratischer Maßnahmen.

 

Einbindung der Ärzte- und Psychotherapeutenschaft

In der Legislatur unter Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat sich eine Kultur der Ignoranz gegenüber der Ärzteschaft breit gemacht, die absolut kontraproduktiv und realitätsfern ist. Weitreichende gesundheitspolitische Entscheidungen wurden fast ausschließlich am „grünen Tisch“ getroffen – von einer sogenannten Expertenkommission, die fast nur von Professorinnen und Professoren besetzt wurde. Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten wurden als sogenannte „Lobbyisten“ betrachtet und nicht gehört. Grünen-Politiker, wie beispielsweise Dr. Janosch Dahmen, lehnten Gespräche mit Berufsverbänden ab.

Das konterkariert den Auftrag der gewählten Vertreterinnen und Vertreter des Volkes sich aus der Anhörung verschiedener Gruppen eine Meinung zu bilden, um eine praxisorientierte Entscheidung zu fällen und nicht eine schon vorgefasste ideologisch gefärbte Haltung durchzusetzen.

Ein Beispiel hierfür ist die mangelhafte Einführung von Digitalisierungsinstrumenten. Die bis heute erheblichen Fehlleistungen der TI-Konnektoren hätten verhindert werden können, wenn man sich im Vorfeld mit praktizierenden Ärztinnen und Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten ausgetauscht hätte. Auch bei der ePA warnt MEDI GENO seit Monaten vor fehlender Praktikabilität und Datensicherheit. Diese Schwachstellen konnten bereits in der ersten Woche der ePA-Testphase bestätigt werden.

MEDI GENO Deutschland fordert eine regelmäßige Einbindung der Berufsverbände in politische Entscheidungsprozesse, sowohl regional als auch bundesweit – zum Beispiel durch themenbezogene „runde Tische“.

 

Berlin, 23. Januar 2025

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Jill Sayer

Tel.:  0711 806079-219 E-Mail: pressestelle@medi-verbund.de

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