Mit dem Verbund MEDI GENO Deutschland e. V. gewinnt MEDI auch bundespolitisch immer mehr an Einfluss. Für Dr. Christian Messer (MEDI Berlin-Brandenburg) und Dr. Ralf Schneider (MEDI Südwest) war die fachübergreifende Zusammenarbeit innerhalb von MEDI der Grund, sich dem Bündnis anzuschließen. Doch auch auf die politische Arbeit und praxisnahen Dienstleistungen von MEDI möchten sie nicht mehr verzichten.
Für die ärztliche Berufs- und Standespolitik interessiert sich Dr. Christian Messer schon, seit er denken kann. Der Berliner Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie engagierte sich bereits in der KV-Vertreterversammlung, bevor er sich MEDI anschloss und 2012 in den Vorstand von MEDI Berlin-Brandenburg aufrückte. Mittlerweile ist er der erste Vorsitzende des Landesverbands, der sich – ebenso wie mittlerweile zehn weitere regionale Organisationen – dem bundesweiten Dachverband MEDI GENO Deutschland e. V. angeschlossen hat. Für Messer zeichnet sich MEDI gegenüber anderen Berufsverbänden in erster Linie dadurch aus, dass die Organisation Hausärztinnen und -ärzte und Fachärztinnen und -ärzte vereint. „Zwischen Haus- und Fachärzten sollte es keine Zwei-Lager-Ideologie geben“, meint er mit Blick auf die künstliche Trennung der beiden Versorgungsbereiche auf KV-Ebene. Diese habe „auf KBV-Ebene, aber auch in Berlin überflüssige Streitigkeiten und in der Folge auch unsinnige Honorarvereinbarungen ausgelöst.“
„Hausärztliche Arbeit ist von unschätzbarem Wert“
Dabei hegt Messer persönlich große Sympathien für den hausärztlichen Versorgungsbereich: „Ich sehe mich ja quasi als einen Hausarzt für die Seele“, erklärt er. „Außerdem habe ich in meiner Laufbahn – was eher ungewöhnlich ist – Urlaubsvertretungen in Hausarztpraxen gemacht und kenne deren Geschäft also gut.“ Darunter seien auch Praxen gewesen, welche die Versorgung von Menschen in Pflegeheimen sichern. „Die Arbeit von Hausärztinnen und Hausärzten ist von unschätzbarem Wert, sie muss unbedingt unterstützt werden.“ Politisch allerdings weiß er zu schätzen, dass MEDI alle Beteiligten an einen Tisch bringt, unabhängig von partikulären Interessen ihrer jeweiligen Fachgruppen.
MEDI Berlin-Brandenburg bezeichnet er als einen „sehr politischen Verband, da wir nah an der Bundespolitik sind“. Neben der berufspolitischen Interessenvertretung profitieren die Mitglieder von den vielfältigen Service-Angeboten der MEDIVERBUND AG, einer Tochterorganisation von MEDI Baden-Württemberg e. V., die Mitgliedern unter anderem bei Praxisbedarf, Versicherungen, Praxis-IT und der Beratung rund um Gründung und Betrieb von Medizinischen Versorgungzentren (MVZ) zur Seite steht. Insbesondere der letztgenannte Punkt steht bei MEDI Berlin-Brandenburg weit oben auf der Agenda: Zwar habe man noch keine konkreten Arztsitze für MEDI-MVZ im Auge, „doch wir führen konkrete Gespräche, arbeiten an den Strukturen und der Anpassung der entsprechenden Vertragswerke an unsere Landesgesetze“, erzählt Messer. Angesichts der Abwanderung vieler Menschen aus Berlin ins Umland aufgrund steigender Mieten und Lebenshaltungskosten in der Hauptstadt werde der Bedarf für Medizinische Versorgung in seiner Region wachsen: „In Brandenburg wäre das ein guter Weg, hier sind die Bürgermeister bereit, sich dafür zu engagieren“, ist Messer überzeugt.
In Berlin folgen Menschen U-Bahn-Linien statt Netzstrukturen
Weniger aussichtsreich schätzt er die Chancen für den Abschluss von MEDI-Selektivverträgen in Berlin ein – auch wenn MEDI-Mitglieder dort ebenfalls damit arbeiten würden. „Es ist hochsinnvoll, mit Selektivverträgen in den Wettbewerb zum Kollektivvertrag zu treten, denn nur Wettbewerb treibt die Qualität voran“, meint er. Doch mit den spezifischen Bedingungen in Berlin würde es „sehr große Mühe kosten, sie durchzusetzen“, bedauert er. Zum einen seien Bevölkerungsstruktur und -verhalten in der Hauptstadt anders als auf dem Land: „Die Menschen folgen den U-Bahnlinien und nicht regionalen Netzstrukturen der Praxen.“ Zum anderen erforderten landesbezogene Selektivverträge die Mitwirkung der KV und der großen Kassen.
Etwas anders stellt sich die Situation beim Regionalverband MEDI-Südwest dar: „Wir haben hier über den Hausärzteverband eine Hausarztzentrierte Versorgung (HZV), die ganz gut läuft“, berichtet der Vorsitzende Dr. Ralf Schneider, der als Hausarzt in Alzey das erste MEDI-MVZ in Rheinland-Pfalz gegründet hat. Entsprechend gebe es für einen MEDI-Hausarztvertrag hier gar keinen Bedarf. „Doch es fehlen Facharztverträge wie in Baden-Württemberg. Da mangelt es auch bei uns an der Gesprächsbereitschaft der Kassen.“ Sein Landesverband zeichnet sich vor allem durch die geografische Nähe zur MEDI-Keimzelle in Stuttgart aus. „Wir haben uns von Vornherein in enger Anlehnung an Baden-Württemberg gegründet und halten seit 20 Jahren den engsten Kontakt“, berichtet Schneider. So habe die Geschäftsführung von MEDI Südwest – ursprünglich einmal als MEDI-Rheinland-Pfalz aus der Taufe gehoben – anfangs einen Tag pro Woche in der Geschäftsstelle in Stuttgart mitgearbeitet. Die Umbenennung in MEDI Südwest sei erfolgt, weil man auch Ärztinnen und Ärzte aus dem Saarland aufnehmen wollte.
Bundesweite Informationen, überregionaler Austausch, regionale Umsetzung
Die bundesweite Ausweitung von MEDI über den Dachverband MEDI-GENO bewertet Schneider äußerst positiv: „Unser Netzwerk ist in den letzten Jahren gewachsen und zusammengewachsen.“ Er lobt insbesondere den Teamgeist des Bundesvorsitzenden Dr. Norbert Smetak: „Er holt alle mit ins Boot.“ Die bundespolitischen Informationen bekommen die Landesverbände aus der Stuttgarter Zentrale, umgesetzt werden sie vor Ort für die Mitglieder im Südwesten. Für den überregionalen Austausch gibt es bei MEDI GENO drei bis vier jährliche Treffen mit den anderen MEDI-Landesverbänden: „Wir möchten gern wissen, was in Bayern, Hessen oder Stuttgart läuft und gute Initiativen der Kolleginnen und Kollegen kopieren“, erklärt Schneider.
Als Vorteile einer Mitgliedschaft bei MEDI Südwest nennt der Landesvorsitzende zum einen Schulungstage zum Qualitätsmanagement für das komplette Praxisteam, die mehrmals im Jahr immer samstags stattfinden und neben Vorträgen zu Datenschutz, Brandschutz und Hygiene auch Reanimations- und Notfalltrainings umfassen. „So können Praxisteams an einem Vormittag sämtliche Pflichtfortbildungen ableisten“, sagt Schneider, „gleichzeitig lernt man sich besser kennen und geht in den Austausch.“ Auch das Konzept von MEDI Südwest für einen gemeinsamen Datenschutzbeauftragten, der in den einzelnen Praxen die IT-Sicherheit prüft und die Praxisteams berät, finde großen Anklang. Daneben leiste MEDI Südwest für größere MVZ Hilfestellung in betriebswirtschaftlichen Fragen und bei der Geschäftsführung.
Letzte weiße Flecken auf der MEDI-Landkarte beseitigen
Für Schneider ist klar, dass die bundesweite Zusammenarbeit auch die politische Schlagkraft der Landesverbände erhöht: „Ohne Vernetzung gibt es keine erfolgreiche Lobbyarbeit im positiven Sinne.“ Während kleinere Verbände mit ihren Forderungen auf Bundesebene häufig nicht wahrgenommen werden, könne MEDI GENO sich als bundesweiter Verband bei Themen wie Entbudgetierung, GOÄ-Reform und der Forderung nach einer effektiven Patientensteuerung erfolgreich Gehör verschaffen. Sein Berliner Kollege Messer wirbt deshalb dafür, in Zukunft auch die wenigen weißen Flecken auf der MEDI-Landkarte zu beseitigen: „Wo Ärztinnen und Ärzte unzufrieden mit dem Status Quo sind und die MEDI-Versorgungsmodelle etablieren wollen, sollten sie dem Vorbild Sachsens folgen und einen Landesverband gründen“, meint er mit Blick auf den jüngsten Neuzugang bei MEDI-GENO, dem neu gegründeten Verein MEDI Sachsen e. V. „Aber so viele Regionen gibt es ja gar nicht mehr, in denen kein MEDI-Landesverband existiert – und das ist auch gut so.“
Antje Thiel