Im Jahr 1999 wurde das Bündnis Gesundheit gegründet. Damit protestierten zahlreiche Akteure gegen das damals vom Bundesgesundheitsministerium geplante Globalbudget. 25 Jahre und einige Demonstrationen und Streiks später, fordern die im Bündnis Gesundheit zusammengeschlossen Verbände und Organisationen in einem Thesenpapier einen Gesundheitsgipfel im Bundeskanzleramt. MEDI GENO Deutschland e. V. ist einer der 40 bundesweit agierenden Akteure. Im Interview erzählt MEDI GENO-Chef Dr. Norbert Smetak, warum MEDI dem Bündnis angehört und wie es weitergeht.
MEDI: Seit wann und warum gehört MEDI GENO dem Bündnis Gesundheit an?
Smetak: MEDI GENO vertritt bundesweit rund 10.000 niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten und wird in politischen Debatten immer einbezogen, wenn es um die standespolitische Arbeit und um die Patientenversorgung geht. Deshalb sind wir von Anfang an beim Bündnis Gesundheit dabei. Wir kooperieren unter anderem eng mit dem Verband der medizinischen Fachberufe, werden zu Fachthemen immer gefragt und können regelmäßig unsere Meinung einbringen.
MEDI: Wer war für MEDI GENO an den Absprachen für das Thesenpapier beteiligt?
Smetak: Ich habe an den Diskussionen teilgenommen und die Thesen fanden unsere volle Zustimmung. Für das finale Erstellen waren die Bundesärztekammer, der Deutsche Pflegerat und der Verband medizinischer Fachberufe verantwortlich.
MEDI: Wie lief die Diskussion?
Smetak: Ausgesprochen konstruktiv. Alle Akteure verfolgen die gleiche Richtung, weil im Gesundheitswesen Not herrscht. Wir sind uns einig, dass durchgreifende Reformen erforderlich sind. Das betrifft eine überbordende Bürokratie und Digitalisierungsprobleme, besonders aber auch das Assistenzpersonal. Der Personalmangel ist ein wichtiger Baustein, der angegangen werden muss.
MEDI: Sie meinen die Medizinischen Fachangestellten?
Smetak: Ja, die MFA müssen alles abfangen, was in der Praxis nicht funktioniert. In der ambulanten Gesundheitsversorgung brauchen wir fähiges Personal. Der Beruf der Medizinischen Fachangestellten hat sich inzwischen in Richtung Verwaltungsberuf gewandelt. Das müssen wir ändern. Der Beruf ist nicht attraktiv, wenn man von der Bürokratie genervt ist und wenn keine Patientensteuerung da ist. Zwar gibt es auch positive Entwicklungen. Die Gehälter der MFA sind zum Beispiel gestiegen, aber Finanzielles allein genügt nicht. Dass die Honorare für die ambulante Versorgung nicht gestiegen sind, steht auf einem anderen Blatt. Das Bündnis Gesundheit fordert, dass die Ausbildungskapazitäten in Gesundheitsberufen gefördert und ausländische Fachkräfte (besser) in das Gesundheitswesen integriert werden. Zudem muss die Fluktuation aus der Versorgung durch wettbewerbsfähige Vergütungsstrukturen enden, gute Arbeitsbedingungen und geeignete Arbeitsmodelle für unterschiedliche Lebenslagen müssen geschaffen werden.
MEDI: Wie geht es weiter?
Smetak: Das Thesenpapier wurde kurz nach der letzten Besprechung des Bündnis Gesundheit Mitte September 2024 in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt. Wir hoffen, dass nach der Übergabe an den Bundeskanzler bald ein Krisengipfel für das Gesundheitswesen terminiert wird. Bisher wurde politisch viel Kosmetik betrieben, aber grundlegende Gesetzvorhaben blieben auf der Strecke. Das Cannabisgesetz wurde verabschiedet, aber die vor drei Jahren im Koalitionsvertrag festgeschriebene Entbudgetisierung der Hausärzteschaft steht zum Beispiel immer noch aus. Wenn der Gesundheitsgipfel stattfindet, ist MEDI auf jeden Fall dabei. Alle angesprochenen Dinge wirken sich unmittelbar auf die Medizinischen Fachangestellten aus. Es wäre ernüchternd, wenn sich nichts tut. Die Dinge müssen sich dringend verbessern, sonst müssen wir wieder laut werden.
Hier finden Sie das Thesenpapier zum Bündnis Gesundheit.
Dagmar Möbius