Fällt Ihnen beim Stichwort „Weiterbildung im ambulanten Bereich“ nur eine der vielen Landarztpraxen ein? Schade! Wie die Realität aussieht, wissen die Mitglieder der Arbeitsgruppe Young-MEDI. Zum Glück geben sie Tipps weiter.
Welche Weiterbildung?
Diese Frage muss klar beantwortet sein, bevor Sie nach einer passenden Weiterbildungspraxis suchen. Klassiker bleibt natürlich die Allgemeinmedizin mit 24 Monaten, die im ambulanten Sektor absolviert werden können. Aber fakultativ können zum Beispiel auch Teile der Facharztausbildung HNO, Dermatologie, Innere, Pädiatrie oder Augenheilkunde im ambulanten Bereich absolviert werden. Allgemeinmedizinerin Cathérine Hetzer-Baumann empfiehlt, sorgfältig zu prüfen, welche Weiterbildungsermächtigungen für die gewählte Facharztausbildung in der Praxis vorhanden sein müssen. „Es lohnt sich auch die Nachfrage, wie viele Ärztinnen und Ärzte in der Praxis in welchem Bereich und für wie lange weiterbildungsermächtigt sind“, rät sie und stellt weitere Ideen vor: Angehende Fachärztinnen und Fachärzte für Allgemeinmedizin sollten erfragen, ob die Weiterbildungspraxis Hausbesuche übernimmt, eventuell auch ein Pflegeheim betreut. Welche technischen Diagnostikmöglichkeiten werden angeboten? Welche Abrechnungsarten (KV, HZV, BG, Privat?) lernt man dort kennen?
Welche Praxis?
Region und Lage der Praxis sind sicherlich wesentliche Faktoren für die Entscheidung. Muss die Weiterbildungspraxis unbedingt in der Uni-Stadt oder der alten Heimatstadt liegen? „Auch eine eher ländlich gelegene Praxis hat ihren Charme, wenn sie groß und modern ist“, findet Dr. Christine Blum. Die Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie ist inzwischen als Quereinsteigerin in der Weiterbildung zur Fachärztin für Allgemeinmedizin. Als Mutter von zwei Kindern hat sie sich bewusst gegen die spezialisierte Klinik und für die hausärztliche Praxis entschieden.
Längst gibt es nicht nur die Einzelpraxis, sondern auch Job-Angebote in großen Berufsausübungsgemeinschaften oder Medizinischen Versorgungszentren. Für Anna Sedlaczek, angehende Fachärztin für Allgemeinmedizin, war die Praxisgröße ein wichtiges Entscheidungsmerkmal: „Je mehr Ärzte, desto mehr Potenzial zu lernen“, findet sie. Ihr war auch die Frage wichtig, ob sie die erste Ärztin ist, die in der Vorstellungspraxis eine Weiterbildung absolviert. Die Erfahrungen des Weiterbildenden und der Organisationsgrad der Weiterbildungspraxis können eine wichtige Rolle spielen: Spätestens zur Anmeldung der Facharztprüfung müssen alle Dokumente aus Kliniken und Praxen vollständig vorliegen, auch zu Kenntnissen und Kompetenzen! Schlecht, wenn man notwendigen Unterschriften hinterherlaufen muss. Im schlimmsten Fall kann sich dadurch die Anmeldung zur Facharztprüfung verzögern. Im besten Fall ist die Praxis perfekt durchorganisiert und wird zum Vorbild für eine eigene spätere Praxistätigkeit. Wichtig ist auch die Frage, ob die Praxis mit anderen kooperiert oder an einem Rotationsmodell teilnimmt. Ideal ist der Anschluss an einen regionalen Weiterbildungsverbund aus Praxen und Kliniken: das erspart Umzüge und erleichtert ganz grundsätzlich die Organisation der Facharztausbildung.
Vorstellungsgespräch
Beim Vorstellungsgespräch bekommt man nicht mehr als einen ersten Einblick in die Praxis. Aber während man in der Klinik meist nur den Chefarzt der entsprechenden Abteilung kennenlernt, hat man in der Praxis die Möglichkeit, den größten Teil des Teams kennenzulernen. „Für mich persönlich war es am wichtigsten, die Stimmung im Team wahrzunehmen“, erinnert sich Blum und erklärt: „Wir verbringen mehr Zeit am Arbeitsplatz als zu Hause, daher muss ich mich beim Arbeiten wohlfühlen.“ Ein kollegiales Miteinander und flache Hierarchien sind ihrer Erfahrung nach wesentlich für ein gutes Arbeitsklima. Geld spielt auch eine Rolle. Das Gehalt des Weiterbildungsassistenten wird bekanntlich von der KV gefördert. Insofern hat die Praxisführung die Möglichkeit, Gehaltsanpassungen und/oder Bonuszahlungen anzubieten. Auch über die Förderung und Bezahlung von Fortbildungen sollte man sprechen. Noch wichtiger können flexible Arbeitszeitmodelle sein. „Die Arbeitszeiten können in der Praxis deutlich flexibler an die Bedürfnisse des Einzelnen angepasst werden als im stationären Sektor“, weiß Blum.
Ruth Auschra