Wenn Anfeindungen zur Routine werden

14. März 2022

Das Team um den Baiersbronner MEDI-Arzt Dr. Wolfgang von Meißner hat schon rund 3.000 Kinder unter 5 Jahren mit Comirnaty geimpft. Seit er öffentlich darüber informiert, wird er bedroht und beleidigt. Kalt lässt ihn das nicht, aber er macht trotzdem weiter.

Wer Kinder unter 5 Jahren impfen will, braucht gute Nerven und unbedingt auch einen guten Anwalt. Von Meißner begann im Dezember öffentlich über das Impfen zu sprechen. Es dauerte kaum eine Woche, bis die einschlägigen Gruppen auf Telegram davon wussten und einen Shitstorm in Gang setzten. Ein befreundeter Kollege, der sich ebenfalls öffentlich zum Impfen äußert, hatte ihn zwar vorgewarnt.

Von Meißner war dennoch etwas verblüfft über die Geschwindigkeit der Entwicklung. Plötzlich musste er sich mit schlechten Arzt-Bewertungen beschäftigen, bekam beleidigende Briefe und Nachrichten auf den Anrufbeantworter. „Das lässt einen nicht kalt“, sagt er. Aufhören will er trotzdem nicht.

„Wer Kinder unter 5 Jahren impfen will, sollte sich vorher auf der Homepage u12schutz.de informieren“, rät er. Auf dieser Seite haben Ehrenamtliche Informationen über die Off-label-Nutzung von Comirnaty zusammengetragen. Ärztinnen und Ärzte finden zum Beispiel Aufklärungsbögen oder einen Film, der das Herstellen einer Impfdosis für U5-Kinder zeigt. Impfärztinnen und -ärzte und Eltern auf der Suche nach einer Impfärztin und einem Impfarzt können sich online registrieren.

Über diese Seite hat von Meißner auch einen kompetenten und engagierten Anwalt gefunden. Auch der direkte Austausch mit impfenden Kollegen ist ein Vorteil.

Routine und Anfeindungen
Die Aktionen gegen impfende Ärztinnen und Ärzte sind offensichtlich keine spontanen Gefühlsäußerungen einzelner Menschen, die sich aus Angst vor Impffolgen zu Wort melden. Die Anfeindungen haben anscheinend Methode: In Gruppen von Messengerdiensten wie Telegram informieren sich Nutzer gegenseitig über Impfaktionen und impfende Ärztinnen und Ärzte. Der erste Nutzer verlinkt Zeitungsartikel oder Social-Media-Seiten, der zweite kennt den Arzt und seine Adresse, die dritte steuert dessen Telefonnummer bei. Und schon kommt es zu hässlichen Anrufen, Bewertungen und Briefen, selbst persönliche Besuche in der Praxis sind drin.

Anfangs versuchte von Meißner, alleine mit den Anfeindungen klarzukommen. Als es dann aber bis zu Morddrohungen ging, schaltete er Anwalt und Polizei ein. Für den Allgemeinmediziner war die Erkenntnis wichtig, dass seine Überzeugungsfähigkeit bei manchen Menschen an eine Grenze stößt. Um den Stresspegel niedrig zu halten, verordnete er sich und seinem Team einen pragmatischen Umgang mit Hetzkampagnen. Der Jurist kann und soll mögliche Straftatbestände beurteilen.

Es wäre Zeitverschwendung, sich selbst mit bedrohlichen oder beleidigenden E-Mails und Nachrichten auf dem Anrufbeantworter zu beschäftigen. Wenn die professionelle Einschätzung in Richtung Strafanzeige geht, bekommt von Meißner eine E-Mail mit angehängtem Strafantrag, den er unterschreibt. „Das geht inzwischen so routiniert wie bei einem Rezept“, sagt er. Inzwischen erinnert er sich schon nicht mehr an jede Strafanzeige.

Ruth Auschra

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