Gute Medizinische Fachangestellte sind rar. Umso wichtiger ist eine professionelle Einarbeitung, wenn man sie gefunden hat. Isabelle Gaßner ist Beiratsmitglied der MFA-Akademie von MEDI, Fachwirtin und MFA. Sie erzählt, wie eine erfolgreiche Einarbeitung funktionieren kann.
MEDI: Wie wichtig ist die Einarbeitung?
Gaßner: Enorm wichtig. Wir haben einen Fachkräftemangel und brauchen jede gute Kraft. Für die neue Mitarbeiterin ist erstmal alles fremd und aufregend. Wenn sie sich dann alleine gelassen fühlt, führt das schnell zu Frustration. Deshalb ist es wichtig, dass sie sofort einen zentralen Ansprechpartner hat, der sie durch diese erste Zeit begleitet.
MEDI: Gibt es kleine Rituale? Willkommensgeschenke?
Gaßner: Ich finde das Patenmodell gut. Das bedeutet: Es gibt eine feste Bezugsperson für die neue Kollegin für die gesamte Probezeit. Der Pate sollte vorher im Team bestimmt werden, damit alle dahinterstehen. Es sollte niemand sein, der mit seiner Arbeit gerade am Limit ist. Denn die Einarbeitung benötigt Zeit, die aber wertvoll investiert ist. In unserer Praxis gehört es zu meinen Aufgaben, neue Mitarbeiter zu begleiten. Von materiellen Dingen wie Blumen oder Pralinen halte ich persönlich nicht so viel. Ich glaube, da gibt es bessere Rituale.
MEDI: Welche sind das?
Gaßner: Eine Willkommensmappe kann für einen guten Einstieg sehr hilfreich sein. In der Mappe befinden sich alle wichtigen Infos zur Praxis, der Einarbeitungsplan, aber auch die persönlichen Vorstellungen der Kollegen und vielleicht ein Notizbuch für die Einarbeitung. Auch Personalerfassungsbogen oder Schweigepflichtserklärung kann man dort beilegen. Das signalisiert, dass die Praxis gut vorbereitet ist und sich auf die neue Mitarbeiterin freut. Und: Es vermittelt Wertschätzung.
MEDI: Was ist noch wichtig?
Gaßner: Aus meiner Erfahrung ist es sinnvoll, dass die neue Kraft zur Probearbeit in die Praxis kommt, damit man sich vorher schon kennenlernen kann. Auch die Arbeitskleidung sollte am ersten Tag für die Mitarbeiterin bereitstehen. Damit zeigt man, dass sich die Praxis auf sie vorbereitet hat.
MEDI: Wie wichtig ist das Kennenlernen des Teams?
Gaßner: Bei einem größeren Team sollte der Pate die neue Mitarbeiterin durch die Praxis führen und vorstellen. Bei kleineren Praxen kann das beim nächsten Teammeeting geschehen. Wichtig ist, dass das ganze Praxisteam über die neue Kollegin vorher informiert wird.
MEDI: Wie kann eine gute Einarbeitung gelingen?
Gaßner: Ich mache immer einen Plan mit einer klaren Struktur für die ersten sechs Wochen. Ich bilde verschiedene Schwerpunkte für die Einarbeitung wie beispielsweise Assistenztätigkeit oder Praxisabläufe, damit ich diese Bereiche mit der neuen Kollegin schrittweise durchsprechen kann. Außerdem sollte jede MFA ihr Qualitätsmanagement für ihren Bereich pflegen, damit die neue MFA Zugang zu allen Infos hat. Am besten ist es jedoch, wenn sich die Mitarbeiterin ihre eigenen Notizen macht. Selbstnotiertes merkt man sich einfach besser.
MEDI: Wie lange dauert die Einarbeitungszeit?
Gaßner: Das hängt von der Größe der Praxis ab. In einem MVZ kann die Einarbeitung auch die Probezeit überschreiten. Man kann nicht erwarten, dass die neue Kollegin nach zwei Monaten alles kann. Es ist auch nicht negativ, wenn jemand länger braucht. Daraus sollte man keine Rückschlüsse auf die Arbeitsqualität ziehen. Es ist wichtig, sich die Zeit zu nehmen, sich wirklich kennenzulernen. Nur so erfährt man, ob man wirklich zusammenpasst.
MEDI: Wie wichtig ist eine Feedback-Kultur?
Gaßner: Ein regelmäßiger Austausch zwischen dem Paten und der neuen Mitarbeiterin ist sehr wichtig. Dafür muss nicht extra ein Termin vereinbart werden. Es reicht aus, wenn man alle 14 Tage die neue Mitarbeiterin fragt, wie es läuft und ihr eine Rückmeldung gibt. Rund zwei Monate vor Ende der Probezeit sollte es ein offizielles Feedbackgespräch geben – zusammen mit den Ärzten. Falls es kritische Punkte gibt, kann man die rechtzeitig ansprechen und beobachten, ob die neue MFA in der Lage ist, mit Kritik umzugehen und sie konstruktiv umzusetzen. Das gilt natürlich für beide Seiten.
Tanja Reiners