Dr. Stephan Bosch ist Facharzt für Dermatologe. Sein „Hobby“ ist die Dermatoskopie, mit der er nicht nur Hauttumore diagnostiziert. Gemeinsam mit Prof. Andreas Blum hat er gerade ein Lehrbuch darüber veröffentlicht. Im Interview erklärt er die Einsatzmöglichkeiten – auch für andere Fachrichtungen.
MEDI: Herr Dr. Bosch, Sie haben gemeinsam mit Prof. Blum ein Dermatoskopie-Lehrbuch geschrieben. Die Zielgruppe sind also Hautärzte, oder?
Bosch: Jein. Das Dermatoskop wird zwar auch als das Stethoskop des Hautarztes bezeichnet. Zwischenzeitlich wird es aber zunehmend auch von Hausärzten eingesetzt, denen die Hautkrebsvorsorge am Herzen liegt. Übrigens auch von Chirurgen und plastischen Chirurgen, die Hauttumore entfernen, und von Kinderärzten, HNO-Ärzten, Frauenärzten oder Augenärzten.
MEDI: Gibt es neben der Hautkrebsfrüherkennung weitere Anlässe für den Einsatz der Dermatoskopie?
Bosch: Seit einiger Zeit kann man auch viele Hautkrankheiten mit dem Dermatoskop gut unterscheiden. Der Vorteil liegt darin, dass in vielen Fällen dann keine Probeexzision mehr erforderlich ist. Es gibt ständig neuere Erkenntnisse. Findet man zum Beispiel bei der Psoriasis im Schuppenflechte-Herd hauptsächlich Punktgefäße, dann wird eine Lichttherapie wahrscheinlich besser ansprechen, als wenn man vor allem glomeruläre Gefäße vorfindet. Außerdem kann man die Dermatoskopie einsetzen zur Diagnostik von Haarausfall, Nagelerkrankungen, Krätze, Kopfläusen und vielem mehr.
MEDI: Spannend!
Bosch: Ja. Mit etwas Übung kann man recht schnell eine richtige Diagnose stellen.
Das Buch lebt von den vielen Bildern und wir beschreiben auch verschiedene Ansätze, mit denen man die Beurteilung der Bilder leichter lernt. Am beliebtesten scheint der metaphorische Ansatz zu sein, bei dem bestimmte Strukturen mit Bekanntem verglichen werden. Sieht man im Dermatoskop beispielsweise eine Popcorn-Struktur, handelt es sich wahrscheinlich um eine Talgdrüsenhyperplasie und nicht um ein Basalzellkarzinom. Findet man ein Erdbeermuster, spricht dies für eine aktinische Keratose. Donuts im Gesicht könnten bedeuten, dass es sich um eine Lentigo maligna handelt und Drachen auf juckender Haut sprechen für eine Skabies.
MEDI: Setzen Sie Hoffnungen in die KI, die Künstliche Intelligenz?
Bosch: Die aktuell beste Methode zur Früherkennung von Hautkrebs ist der Einsatz des Dematoskops. Macht man gleichzeitig Fotos vom dermatoskopischen Bild, kann man neben Verlaufskontrollen nach 1-3 Monaten zusätzlich die künstliche Intelligenz einsetzen. Das Ergebnis ist bei braunen Strukturen zur Abgrenzung zwischen Muttermal und Melanom unserer Erfahrung nach recht zuverlässig. Bei weißen oder roten Strukturen ist es jedoch häufig falsch-positiv, auch falsch-negative Befunde sind nicht selten. Letztendlich muss immer der anwendende Arzt eine Entscheidung treffen, ob die operative Entfernung erforderlich ist. Ich fände es sehr gewagt, wenn ein Laie mit einer App die Entscheidung für oder gegen eine OP trifft, ohne einen erfahrenen Arzt hinzuzuziehen.
Ruth Auschra