Vor fünf Jahren gründete MEDI-Arzt Dr. Günther Limberg die Initiative Burnout Nordschwarzwald. Seitdem informiert er in Betrieben, Ministerien und auf Pressekonferenzen über die Burnoutprävention. Die Pandemie macht dieses Thema leider besonders aktuell, auch für medizinisches Personal in der ambulanten Versorgung.
Typische Erfahrungen der letzten Monate sind Angst, Depression, Alleinsein und das Arbeiten im Homeoffice. „Das hinterlässt Spuren“, weiß Dr. Günther Limberg und erinnert daran, dass ein Burnout ein schleichender Prozess ist, der eine Zeitlang braucht, bis das Gefühl von Ausgebranntsein da ist. Er erwartet auf jeden Fall ein Ansteigen der Inzidenz.
Es macht mürbe, die Arbeitszeit am heimischen Küchentisch uferlos auszudehnen, ohne direkte Gespräche mit Kollegen und ohne abendliches Abschalten mit Freunden. Das medizinische Personal in der Klinik ist seit Monaten stark belastet und auch die Situation in Praxen mit vielen verängstigten Patienten mit und ohne COVID-19 kann erdrückend sein.
Auf erste Anzeichen achten
Der Internist rät seinen Kollegen, auf erste Anzeichen drohenden Burnouts sowohl bei sich selbst als auch im Team zu achten. Das reicht von somatischen Beschwerden wie Herzklopfen, Rückenbeschwerden oder Tinnitus bis hin zu Schlafstörungen, Reizbarkeit und depressiven Verstimmungen. „Als Arbeitgeber haben wir nicht nur die Verantwortung für die Entlohnung der Mitarbeiter“, so Limberg, „sondern auch für deren Wohlergehen inklusive Burnoutprophylaxe“.
Betroffene würde er aber keinesfalls selbst therapieren. „Das habe ich nicht gelernt und das passt nicht zu meiner Rolle als Chef“, lautet sein Standpunkt. Stattdessen würde er ein Coaching mit einem Psychotherapeuten aus seinem Netzwerk empfehlen und falls gewünscht auch arrangieren.
Lässt sich Burnout verhindern?
Burnout ist nicht monokausal. Sowohl das Verhalten des Einzelnen als auch die Verhältnisse, in denen er lebt, müssen berücksichtigt werden. Hier spielt die Stärkung der Resilienz eine wesentliche Rolle. Gemeint ist damit die Fähigkeit, Belastungen auszuhalten, ohne an ihnen zu zerbrechen. „Resilienz-stärkend ist vor allem die Gemeinschaft mit anderen“, erklärt er. Zugegebenermaßen ist es im Lockdown nicht leicht, mit anderen zu lachen, sich beim Sport auszupowern oder angeregt zu unterhalten. „Schwerer“, sagt er, „aber machbar“ – und rät dazu, auch in dunklen Zeiten darüber nachzudenken, woher Licht kommt. In anderen Worten, die Verhältnisse so gestalten, dass auch schwierige Zeiten durchgehalten werden können. Wesentlich dazu trägt ein gutes Arbeitsklima bei, für das in erster Linie die Chefs verantwortlich seien.
Die Zukunft der Initiative Burnout Nordschwarzwald
Die Initiative Burnout Nordschwarzwald hat in den letzten Jahren einiges mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit erreicht. „Wir wollen das Thema noch mehr publik und den Menschen Mut machen, darüber zu reden und etwas dagegen zu tun“, sagt Limberg.
Die Webseite soll interaktiver werden, um die Online-Kommunikation zu erleichtern. Psychotherapeuten werden sich in Videos oder Podcasts vorstellen und Videocoachings anbieten. „Wir hoffen natürlich, dass wir Mitte des Jahres auch wieder persönlich mit den Menschen reden können“, so der Arzt. Für Juli ist eine Präsenzveranstaltung für Führungskräfte und Personalverantwortliche zum Thema Resilienz geplant.
Ruth Auschra