Berlin (pag) – Treiben niedergelassene Ärzte die Kosten im deutschen Gesundheitswesen in die Höhe, weil sie zu oft unnötige Behandlungen ansetzen? Die Digitalisierung könnte helfen, den Verordnern diesbezüglich auf die Finger zu schauen, heißt es bei einem Symposium der Leopoldina.
Der Gesundheitsökonom Prof. Reinhard Busse von der Technischen Universität Berlin kritisiert die Ärzteschaft für ihren aus seiner Sicht mangelnden Willen, das deutsche Gesundheitssystem weiterzuentwickeln: Der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Frank Ulrich Montgomery, werde nicht müde zu betonen, dass Deutschland das beste Gesundheitssystem der Welt hat. „Wenn man sich so verschließt davor, was in anderen Ländern passiert und sich scheut, gute Lösungen auch bei uns auszuprobieren, dann geraten wir in den Rückstand“, moniert er. Das gelte auch für die Digitalisierung: „Häufig ist der Widerstand, der unter dem Stichwort Datenschutz des Patienten vorangetrieben wird, in Wahrheit der Datenschutz der Ärzte, die nicht als gläsern erkannt werden wollen im Sinne von unnötigen Behandlungen.“
Die wirtschaftlichen Interessen der Niedergelassenen haben laut Busse weitreichende Folgen: Die Ausgaben im Gesundheitssystem ergeben sich demnach aus Menge mal Preis. In Deutschland sei es üblich, vor allem den Preis in den Blick zu nehmen. „Aber selbst wenn das Kosten-Nutzen-Verhältnis positiv ist, haben wir immer noch die 150.000 Ärzte in den Einzelpraxen.“ Wenn eine neue Technologie freigegeben ist, komme es häufig zu unangemessen vielen Anwendungen. „Deswegen ist unser System so teuer. Nicht, weil das einzelne Medikament oder der Krankenhausaufenthalt deutlich teurer ist als im Ausland, wir geben so viel Geld aus wegen der Menge.“ Busse fordert diesbezüglich mehr Kontrollen. „Wir brauchen die Digitalisierung auch, um den Ärzten auf die Finger schauen zu können und zu bewerten, ob der Einsatz einer Technologie angemessen war.“