Sehr zufrieden zeigen sich teilnehmende Diabetologen vier Monate nach dem Start des neuen Facharztvertrags, der gemeinsam von AOK Baden-Württemberg und MEDI Baden-Württemberg in Kooperation mit der Diabetologen Baden-Württemberg eG abgeschlossen wurde. Der Vertrag setze bundesweit einmalige Maßstäbe in der Versorgung mit Systemen zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) und der Insulinpumpentherapie. Anlässlich des diesjährigen Mottos des Weltdiabetestages „Diabetes und Frauen“ betonen die Vertragspartner, dass auch Patientinnen mit Gestationsdiabetes im Facharztvertrag noch intensiver betreut werden können als in der Regelversorgung.
Der Diabetologievertrag richtet sich primär an Diabetiker/innen, die eine intensivierte konventionelle Insulinbehandlung (ICT) benötigen. Hier können moderne CGM-Geräte Versorgung und Lebensqualität deutlich verbessern. Bei der AOK Baden-Württemberg trifft das auf rund 25.000 Versicherte zu. Neben qualifizierten ärztlichen Erst- und Folgeschulungen sowie einer regelmäßigen intensiven Betreuung in diabetologischen Schwerpunktpraxen sind insbesondere auch der patientengerechte Bezug, die sichere Handhabung der Geräte und die Erstattung umfassend geregelt. Neben den sogenannten Real-Time-Messgeräten (rtCGM) werden – anders als in der Regelversorgung – in dem neuen Vertrag auch die von vielen Ärzten und Patienten bevorzugten Flash Glukose Messsysteme (FGM) erstattet. Mittlerweile haben rund 300 Diabetologen/innen und Diabetesberater/innen die Vertragsschulungen durchlaufen, 75 Ärzte sind bereits zugelassen.
Dr. Erik Wizemann, Diabetologe und MEDI-Mitglied aus Herrenberg, ist begeistert von den Möglichkeiten des Vertrags: „Wir können uns in den Diabetespraxen nun intensiver um diejenigen Menschen kümmern, die besondere Betreuung benötigen. Ich kann mir eine Diabetesberaterin leisten und meinen Patientinnen und Patienten zur Verfügung stellen, ohne dass ich die Kosten für diese hochqualifizierte Mitarbeiterin im Praxisbetrieb quersubventionieren muss. Die Patientinnen und Patienten wissen es zu schätzen, dass wir ihnen nun mehr Zeit für Schulung und Beratung widmen können.“ Im September wurde zudem eine eingeschränkte Vertragserweiterung auf Hochschulambulanzen und Kinderspezialambulanzen vorgenommen, um auch dort eine Versorgung mit FGM-Geräten zu ermöglichen.
„Im Facharztvertrag stehen für Patientinnen mit Gestationsdiabetes pro Schwangerschaft im Vergleich zur kollektivvertraglichen Versorgung zusätzliche Beratungszeit in Höhe von 150 Minuten zur Verfügung, die der Praxis auch entsprechend vergütet wird“, erklärt Dr. Werner Baumgärtner, Vorstandsvorsitzender von MEDI Baden-Württemberg und MEDI GENO Deutschland. Voraussichtlich ab April 2018 können auch Gestationsdiabetes-Patientinnen, die nicht am AOK-Facharztprogramm teilnehmen, die vertraglichen Zusatzleistungen im Rahmen eines speziellen Vertragsmoduls in Anspruch nehmen und so von einer umfassenderen Betreuung profitieren. Ermöglichen soll dies der Wegfall der grundsätzlichen Einschreibepflicht in das AOK-Haus- und -Facharztprogramm für diesen speziellen Patientinnenkreis für die Zeit der Schwangerschaft.
Betroffen sind bundesweit etwa 10 von 100 Schwangeren. Die Tendenz ist steigend – bei der AOK Baden-Württemberg allein von 2013 bis 2016 um durchschnittlich knapp sieben Prozent pro Jahr. Wird ein Gestationsdiabetes festgestellt, kann den meisten Betroffenen durch eine ausführliche Beratung zu Ernährung, Bewegung und Lebensstil geholfen werden: Etwa 80 von 100 betroffenen Frauen benötigen keine Medikamente. Zusätzlich sind ärztliche Kontrollen notwendig. Reichen in Ausnahmefällen Schulung und Kontrollen nicht aus, muss zusätzlich Insulin verordnet werden. Eine qualitativ hochwertige Versorgung von Frauen mit Gestationsdiabetes komme jedoch in der Regelversorgung häufig zu kurz, wie der Diabetologe Dr. Richard Daikeler, Sprecher der Diabetologen eG Baden-Württemberg, betont: „Es fehlt schlicht die Zeit, Betroffene entsprechend aufzuklären und zu schulen.“ Hier setzt der Vertrag mit einer auskömmlichen Vergütung an, so Daikeler: „Die Diabetesberaterin kann sich Zeit nehmen und gemeinsam mit der Patientin einen Ernährungsplan erstellen, mit ihr die Blutzuckerselbstkontrolle nebst entsprechender Dokumentation trainieren und die Bedeutung der jeweiligen Grenzwerte erklären – damit die werdende Mutter auch im Falle eines Gestationsdiabetes die Schwangerschaft möglichst unbeschwert genießen kann.“
Wer kann am Facharztvertrag Diabetologie nach §140a SGB V teilnehmen?
Teilnahmeberechtigt sind Ärzte für Innere Medizin, Allgemeinmedizin oder Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunkt Endokrinologie bzw. Diabetologie, die besondere Qualitätskriterien erfüllen: Unter anderem den Nachweis zur qualifizierten Patientenschulung, die Beschäftigung oder Kooperation von/mit einem/r Diabetesberater/in sowie die Teilnahme am DMP Diabetes. In Baden-Württemberg sind dies rund 150 Ärzte. Teilnehmen können alle Versicherten mit entsprechender Indikationsstellung, die sowohl am AOK-Hausarztprogramm (1,5 Millionen Versicherte) als auch am AOK-Facharztprogramm teilnehmen (rund 580.000 Versicherte).