Die fachübergreifenden Ärzteverbände MEDI GENO Deutschland e. V. und MEDI Baden-Württemberg e. V. warnen davor, die Patientinnen und Patienten nicht ausreichend über die Risiken bei der Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA) zu informieren. Einige Krankenkassen würden vor allem ihre eigenen Interessen bei der Aufklärung verfolgen. Das bestätige auch die aktuelle Analyse der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv).
„Seit September klären wir in unseren Praxen intensiv über die ePA und die damit verbundenen Risiken auf, weil einige Krankenkassen in ihren Briefen an die Patientinnen und Patienten leider nur unzureichend informieren und die kritischen Aspekte zu wenig berücksichtigen, um möglichst wenig Widersprüche zu generieren“, kritisiert Dr. Norbert Smetak, Vorsitzender von MEDI GENO Deutschland e. V. und MEDI Baden-Württemberg e. V. sowie niedergelassener Kardiologe.
Die aktuelle Analyse der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv) bestätige diese Beobachtung. Der vzbv untersuchte Versichertenanschreiben zur ePA von 14 gesetzlichen Krankenkassen. Ihre Untersuchung zeigt laut eigenen Aussagen in ihrer Pressemitteilung vom 5. Dezember 2024, dass „die Krankenkassen in ihren Schreiben insbesondere über die Vorteile der ePA informieren. Wichtige und teils umstrittene Aspekte, beispielsweise des Datenschutzes, werden nicht angesprochen.“
„Diese Analyse stützt genau unsere Beobachtung und das Feedback unserer Patientinnen und Patienten. Sehr viele entscheiden sich nach dem Aufzeigen der Risiken bei der ePA-Nutzung am Ende doch für einen Widerspruch“, betont Smetak.
„Gerade wir Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten haben es mit besonders sensiblen Gesundheitsdaten zu tun. Unaufgeklärte Patientinnen und Patienten werden auch ihre Gesundheitsdaten nicht adäquat schützen. Das bedeutet, dass wir noch mehr aufklären müssen, was in der Versorgungslage kaum machbar ist“, erklärt Dr. Christian Messer, stellvertretender Vorsitzender von MEDI GENO Deutschland e. V. und praktizierender Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Berlin.
Messer verweist auch noch mal auf die Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht durch die ePA. „Wenn die Befunde künftig bis zur Aushilfe in der Apotheke zugänglich sein werden, ist es nicht mehr nachvollziehbar, wer im Falle einer Verletzung der Schweigepflicht haftet“, so Messer. Er begrüße die aktuellen Forderungen der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), das Opt-Out-Modell zumindest bei Minderjährigen auf ein Opt-In-Modell umzustellen, um Kinder und Jugendliche vor Stigmatisierungen und Benachteiligungen zu schützen.
MEDI warnt zudem vor einer Kommerzialisierung der Gesundheitsdaten mit Blick auf die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. „Es ist schon sehr besorgniserregend, wenn Herr Lauterbach von dem großen Interesse der IT-Riesen Meta, OpenAI oder Google an den deutschen Gesundheitsdaten schwärmt. Immerhin sind es Daten, die wir erheben und uns Patientinnen und Patienten ausschließlich für Behandlungszwecke in unseren Praxen anvertrauen“, so der MEDI-Chef. Lauterbachs Visionen schaden laut Smetak den geschützten Raum der Arzt-Patienten-Beziehung. Zudem müsse die Verfügungsberechtigung von pseudonymisierten Gesundheitsdaten in diesem Kontext juristisch dringend neu geklärt werden.
MEDI Baden-Württemberg e.V.
Jill Sayer
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