Young MEDI: „Schimpfen kann jeder. Das bringt aber nichts!“

16. Oktober 2024

Young MEDI ist das Nachwuchsprogramm des MEDI Verbunds. Ziel des im Mai 2022 gegründeten Programms ist es, jungen und neu niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten in Baden-Württemberg eine Stimme zu geben, insbesondere innerhalb der Selbstverwaltung. Seit gut einem Jahr ist auch die Orthopädin Iris Lasser mit von der Partie. Sie möchte vor allem auch Frauen zur Niederlassung motivieren.

Für die Orthopädin Iris Lasser, die sich 2020 mit einer Einzelpraxis in Ebersbach bei Göppingen niedergelassen hat, sind die Herausforderungen der Praxisgründung noch sehr präsent: „Es ist gut, wenn man dabei Hilfestellung hat.“ Vor ihrer Niederlassung war sie viele Jahre als Oberärztin in der Klinik tätig, wo sie die rigiden und trägen Strukturen als zunehmend hemmend empfand. „Man trifft sich zu Sitzungen, diskutiert – und es kommt dann doch nichts dabei raus. Das war einfach nicht mein Weg“, erinnert sie sich.

Abrechnung und Vorgaben waren ein Schocker

Doch sie erinnert sich, dass die ersten Schritte in der Selbstständigkeit nicht leicht waren – was insbesondere mit den komplexen Vorgaben der vertragsärztlichen Tätigkeit und Abrechnung zu tun hatte: „Es war anfangs ein Schocker – die Abrechnung an sich, wie das alles funktioniert. Das Abrechnungssystem in der Orthopädie und Unfallchirurgie ist wahnsinnig komplex, vor allem bei eigenem OP und ambulanten Operationen“, sagt sie mit Blick auf Voraussetzungen und Ausschlüsse für die Geltendmachung einzelner Abrechnungsziffern. Doch auch die Vorgaben in puncto offene Sprechstunde, Arztbriefe und die Aufbereitung von Medizinprodukten empfand sie anfangs als große Herausforderung – zumal sie nicht alle logisch nachvollziehen konnte: „Ich war Oberärztin mit jahrelanger Berufserfahrung, dennoch musste ich noch einmal eine Prüfung vor der Ärztekammer ablegen, um röntgen zu dürfen“, berichtet sie.

Inzwischen hat sie sich allerdings in ihre Rolle als Praxischefin hineingefunden, „auch wenn immer wieder etwas Neues kommt, man muss wirklich ständig am Ball bleiben“. Unterstützung fand sie unter anderem bei MEDI. Auf den Verband wurde sie durch die Facharztverträge aufmerksam: „Durch die Selektivverträge konnte ich den vielen neuen Dingen aus der Politik ein bisschen aus dem Weg gehen und gleichzeitig eine bessere Versorgung für die Patienten erreichen – eine Win-win-Situation für beide Seiten“, sagt Lasser. Nach ihrem Beitritt zum Verein wurde sie dann von einem orthopädischen Kollegen auf das Einstiegsprogramm Young MEDI aufmerksam gemacht.

Kaderschmiede für die politische Arbeit bei MEDI

Seit 2023 engagiert sich Lasser selbst aktiv bei Young MEDI, das sich an junge und frisch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte richtet und Hilfestellung gibt sowie politisches Engagement fördert. „Schimpfen kann jeder, das bringt aber nichts. Wir müssen uns politisch engagieren, denn das System verschlechtert sich permanent – für die Ärzteschaft und für die Patientinnen und Patienten.“ Neben der Interessenvertretung gegenüber der Politik geht es aber auch um mehr Sichtbarkeit jüngerer Ärztinnen und Ärzte. Hier versteht sich Young MEDI als eine Art Kaderschmiede für die politische Arbeit bei MEDI in den Gremien der Selbstverwaltung. Ziel ist es auch, jeder und jedem Neuniedergelassenen Beratung und die Möglichkeit zur Hospitation bei erfahrenen Kolleginnen und Kollegen anzubieten. „Innerhalb von MEDI haben wir immer Ansprechpartner für rechtliche Fragestellungen oder die Digitalisierung und können uns gegenseitig unterstützen.“

Ein besonderer Schwerpunkt von Iris Lasser liegt in der Unterstützung von Frauen in der Niederlassung. Als Mutter zweier kleiner Kinder im Alter von fünf und acht Jahren kennt sie die Herausforderung, Beruf und Familie miteinander in Einklang zu bringen und setzt sich für bessere Rahmenbedingungen für berufstätige Frauen ein. „Es gibt inzwischen die Möglichkeit, für den Zeitraum von drei Jahren pro Kind eine Sicherstellungsassistentin einzustellen. Einen solchen Menschen zu finden, ist schwierig. Aber zumindest formal gibt es diese Unterstützung mittlerweile“, erklärt sie. Sie selbst beschäftigt in ihrer Praxis neben acht Medizinischen Fachangestellten selbst eine solche Sicherstellungsassistentin, die sie für den Zeitraum der Elternzeit entlastet. Am liebsten würde die Kollegin auch danach noch angestellt in ihrer Praxis weiterarbeiten – „doch das Verfahren ist äußerst komplex“, bedauert Lasser.

Niederlassung hat trotz aller Herausforderungen viele Vorteile

Mit ihrem Engagement für Young MEDI möchte die Orthopädin nicht nur jungen Ärztinnen und Ärzten den Einstieg erleichtern, sondern auch die Wahrnehmung des Programms erhöhen. „Wir wollen, dass alle, die zu MEDI kommen, direkt auf uns stoßen. Derzeit wird deshalb der Internetauftritt überarbeitet, damit man alle Ansprechpersonen mit Telefonnummern schnell findet.“ Verbandspolitisch arbeitet Young MEDI aber auch mit dem Protestteam und anderen Arbeitsgemeinschaften zusammen. Iris Lasser glaubt fest daran, dass sich durch Engagement und Zusammenhalt positive Veränderungen im Gesundheitswesen erreichen lassen: „Wir hoffen, dass wir mit unserer Energie das System verbessern können, damit wir den jungen Kolleginnen und Kollegen mit gutem Gewissen sagen können: Lass dich nieder, das ist toll.“ Denn schließlich sieht auch sie trotz aller Herausforderungen in der Niederlassung viele Vorteile gegenüber der Arbeit in der Klinik: „Seit ich aus der Klinik komme, weiß ich, dass keine Klinik effizienter arbeitet als eine gut organisierte niedergelassene Praxis.“

Antje Thiel

 

Social Media

Folgen Sie uns auf unseren Plattformen.

Aktuelle MEDI-Times

MEDI-Newsletter

Mit dem kostenfreien MEDI-Newsletter informieren wir Sie regelmäßig über aktuelle Themen und die neuesten Angebote. Bleiben Sie mit uns auf dem Laufenden!

Die Datenschutzerklärung habe ich zur Kenntnis genommen und bin damit einverstanden.*

Auf Facebook kommentieren!

MEDI: GOÄ darf Ärzteschaft nicht spalten

Der fachübergreifende Ärzteverband MEDI Baden-Württemberg e. V. mahnt, dass der von der Bundesärztekammer (BÄK) und dem Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. (PKV) konsentierte Entwurf für eine neue Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) die Ärzteschaft nicht spalten und weiter schwächen darf. MEDI lehnt den neuen GOÄ-Entwurf weiterhin entschieden ab und fordert die BÄK auf, nötige Nachbesserungen konsequent vorzunehmen.

„Meine Arbeit hier empfinde ich als gesellschaftlich relevant und sinnstiftend“

Berührungspunkte mit ärztlicher Berufspolitik hatte Jill Sayer noch nicht, als sie unmittelbar nach ihrem Bachelor-Abschluss ihren Job als Referentin für Unternehmenskommunikation beim MEDI-Verbund antrat. Entsprechend viel gab es in den ersten sechs Monaten zu lernen. Besonders spannend fand sie die Protestaktionen, an deren Organisation sie von Anfang an maßgeblich beteiligt war.

Fusion zweier Landarztpraxen: „Es klappt, wenn alle an einem Strang ziehen!“

Wenn eine von zwei hausärztlichen Praxen in einem kleinen Ort schließt, stellt das auch die verbleibende Praxis vor große Probleme. Um die Versorgung im Ort langfristig zu sichern, hat MEDI-Hausarzt Dr. Volker Dietz seine Praxis vergrößert. Er beschäftigt nun mehrere Ärztinnen und Ärzte als Angestellte – und den älteren Kollegen, der seine eigene Praxis aufgegeben hat. Zum Gelingen hat auch die Unterstützung durch Bürgermeister und Stadtverwaltung beigetragen.