Elektronische Patientenakte: MEDI plant bundesweite Kampagne zur Patientenaufklärung

Die fachübergreifenden Ärzteverbände MEDI GENO Deutschland e. V. und MEDI Baden-Württemberg e. V. sehen die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) ab Mitte Januar 2025 sehr kritisch. Die digitale Akte sei weder technisch noch strukturell ausgereift. Ein finanzieller Ausgleich für den erheblichen Mehraufwand in den Praxen ist laut Ärzteverbände zudem nicht vorgesehen. Auch über die Transparenz stigmatisierender Diagnosen beispielsweise durch Einsicht in Medikationslisten sollten Patientinnen und Patienten informiert werden. Parallel zur Aufklärungskampagne der Bundesregierung plant MEDI in den kommenden Wochen eine eigene bundesweite Patientenaufklärung in den Praxen.

„Die elektronische Patientenakte leidet noch unter so vielen Kinderkrankheiten, die bis Januar 2025 nicht auskuriert sein werden. Aktuell ist, soweit bekannt, die ePA größtenteils ein unstrukturierter Datenfriedhof mit fehlender Suchfunktion. Wie sollen wir damit arbeiten? Wir haben beim Start des Telematikinfrastruktur-Konnektors 2019 bereits erlebt, was passiert, wenn Systeme vor Markteintritt nicht ausgereift sind. Der Konnektor legt unsere Praxen bis heute immer wieder lahm“, mahnt Dr. Norbert Smetak, Vorsitzender von MEDI Baden-Württemberg e. V., MEDI GENO Deutschland e. V. und praktizierender Kardiologe.

Für die Arztpraxen bedeute die Einführung eines weiteren nicht praxiskompatiblen Systems einen erheblichen zeitlichen Mehraufwand – ohne adäquaten finanziellen Ausgleich und zulasten der ohnehin knappen Sprechstundenzeiten. Zudem müssen laut MEDI Patientinnen und Patienten detailliert über Widerspruchsrechte wie beim Opt-out-Verfahren oder auch bei der Daten-Befüllung der ePA aufgeklärt werden. Das könnten Praxen im laufenden Betrieb nicht leisten.

„Das Opt-out-Verfahren bei der ePA wird viele Menschen überfordern. Sie werden aus Unwissenheit das Recht zum Widerspruch nicht in Anspruch nehmen. Auch die Einsicht in Medikationslisten durch verschiedene Praxen macht die Menschen zu gläsernen Patientinnen und Patienten. Soll die Zahnärztin, deren Sohn mit Patientin Müllers Sohn zusammen im Fußballverein spielt, anhand der Medikationsliste wirklich wissen, dass Frau Müller eine Depression oder Angststörung hat? Einzelne Informationen in der Medikationsliste können gar nicht ausgeblendet werden. Das ist gerade bei stigmatisierenden Erkrankungen wie psychischen Diagnosen oder auch Geschlechtskrankheiten problematisch. Wir werden unseren Patientinnen und Patienten im Praxisalltag nicht alle Details und Fallstricke erklären können“, kritisiert Dr. Christian Messer, stellvertretender Vorsitzender von MEDI GENO Deutschland e. V und Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Berlin.

„Wir werden parallel zur ePA-Werbekampagne der Bundesregierung in den nächsten Wochen eine eigene bundesweite Patientenaufklärung mit den echten Fakten starten, damit die Patientinnen und Patienten wissen, worauf sie sich bei der ePA einlassen“, betont Smetak.

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