Seit Anfang des Jahres leitet Jasmin Ritter die Abteilung Vertragswesen bei der MEDIVERBUND AG, in der aktuell ausschließlich Frauen arbeiten. Im Verlauf ihrer Karriere hatte sie selbst nur wenige Chefinnen und findet es wichtig, dass es auch weibliche Vorbilder gibt – sie hofft daher, dass sie jüngeren Kolleginnen mit gutem Beispiel vorangehen kann.
Bei MEDI angefangen hat Jasmin Ritter vor knapp elf Jahren, als Werksstudentin im Rahmen ihres Studiums der Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Gesundheitsökonomie. Nachdem sie ihren Abschluss in der Tasche hatte, wurde sie bei MEDI übernommen, arbeitete sich rasch zur Projektleiterin und später Fachbereichsleiterin hoch und übernahm nun zum 1. Januar 2024 die Abteilungsleitung Vertragswesen von Wolfgang Fechter, der zum Unternehmensbereichsleiter aufgestiegen ist.
„Meine Aufgabenfelder sind zwar auf den ersten Blick gleichgeblieben, nach wie vor beschäftige ich mit Selektivverträgen, aber es hat sich inhaltlich doch einiges verändert“, berichtet sie nach vier Monaten in ihrer neuen Rolle. „Personalverantwortung etwa ist ein ganz neues Feld für mich. Wir hatten zum Beispiel Stellen zu besetzen, sodass ich immer in engem Austausch mit der Personalabteilung stehe.“ Gleichzeitig ist Ritter Ansprechpartnerin für alle Projektleiterinnen der verschiedenen MEDI-Selektivverträge. War sie bis Ende 2023 ausschließlich für die Facharztverträge zuständig, liegen nun auch die haus- und kinderärztlichen Verträge in ihrem Verantwortungsbereich.
Berufsbegleitendes Masterstudium on top
Auch weil die Vertragsgestaltung ein Feld ist, das rechtliche Kenntnisse erfordert, studiert Ritter seit gut einem Jahr berufsbegleitend Medizinrecht. Wenn sie voraussichtlich Ende 2024 ihre Masterarbeit abgegeben hat, kann sie dann den Titel „Master of Law“ (LL.M.) führen. „Das ist natürlich eine anstrengende Doppelbelastung, insbesondere mit Blick auf meine neue Aufgabe“, gibt sie zu. „Doch ich konnte in meinem Studium im Vorfeld schon einiges lernen, das ich nun in meiner neuen Position aufgreifen kann – etwa zu Themen im Vertragsarztrecht, Berufsrecht und zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, aber auch bei vertragsrechtlichen Fragestellungen.“
Dennoch trifft sie nach wie vor noch auf viele spannende Aufgaben, mit denen sie sich zuvor nicht befasst hatte. „Es wird sicher noch ein Weilchen dauern, bis sich Routine einstellt. Es gibt jeden Tag Neues zu lernen“, erzählt Ritter. Das gilt auch für laufende Vertragsverhandlungen. Hier geht es – neben Forderungen für höhere Honorare – auch um die Integration neuer vertraglicher Leistungen. „Die Verträge sind ja das Innovationsfeld der GKV, mit ihnen will man immer einen Schritt voraus sein. Hier ist daher ständige Pionierarbeit gefragt“, weiß sie. Daneben treibt MEDI auch Vorhaben für neue Selektivverträge voran. „Wir strecken aber auch die Fühler außerhalb von Baden-Württemberg aus, denn wir würden unsere Verträge gern bundesweit ausrollen“, berichtet Ritter.
Noch mehr Praxen für Selektivverträge gewinnen
Gleichzeitig verfolgt sie das Ziel, innerhalb von Baden-Württemberg mehr Praxen für die Teilnahme an den bestehenden Verträgen zu gewinnen. Grundsätzlich gilt für alle Selektivverträge eine Teilnahmequote von mindestens 50 Prozent aller niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte der entsprechenden Fachrichtung als Voraussetzung für den Start. Eine solide Quote ist aber kein Selbstgänger: „Auch wir bekommen den Fachärztemangel zu spüren. Wenn Praxen schließen ist bei manchen Fachrichtungen erst einmal kein Nachfolger da, den man für den Vertrag gewinnen könnte.“ Beim Orthopädie-Vertrag sei die Teilnahmequote sehr gut, „aber beim Vertrag für Kinder- und Jugendpsychiatrie dürften es mehr sein“, findet sie. Es gebe auch immer noch Praxen, die noch nicht wissen, wie sehr sie von den Selektivverträgen profitieren könnten. „Doch es melden sich auch immer wieder alteingesessene Praxen bei uns, die sich irgendwann einen Ruck geben und sich einschreiben.“
Besonders froh ist Ritter darüber, dass sie bei ihren vielfältigen Aufgaben von engagierten Mitarbeiterinnen unterstützt wird: „Die Zusammenarbeit in unserer Abteilung läuft sehr gut, ich erfahre viel Unterstützung und kann mich auf den Rückhalt im Unternehmen verlassen.“ Tatsächlich arbeiten in ihrer Abteilung ausschließlich Frauen. „Das ist keine Einstellungsvoraussetzung, sondern hat sich einfach so entwickelt“, lacht sie. Überraschend findet sie die Entwicklung aber nicht. Denn in den einschlägigen Studiengängen rund um die Gesundheitsökonomie studieren mittlerweile mehr Frauen als Männer. Entsprechend bewerben sich auch vorwiegend Frauen um die einschlägigen Positionen. Ritter bewertet das positiv: „Es ist doch schön, wenn eine Managementgesellschaft im Gesundheitswesen eine ähnliche Entwicklung nimmt wie die Medizin selbst, die schließlich auch seit Jahren immer weiblicher wird.“
Neben ihrer eigenen Abteilung ist bei MEDI auch die Abteilung Vertragsumsetzung und medizinische Fortbildungen eine reine Frauenabteilung. Weiblich geführte Abteilungen sind allerdings auch bei MEDI noch nicht Standard. Ritter ist sich deshalb ihrer Vorreiterrolle sehr bewusst: „Ich selbst hatte keine weiblichen Chefinnen, an denen ich mich hätte orientieren können. Dabei braucht man im Beruf doch Vorbilder. Deshalb finde ich es schön, wenn Frauen auch in Führungspositionen zunehmend sichtbar werden.“
Online-Yoga während des Corona-Lockdowns
Sie selbst war allerdings für viele Kolleginnen und Kollegen bei MEDI bereits sichtbar, bevor sie ihre aktuelle Führungsposition innehatte. Und zwar während der Corona-Pandemie als Yoga-Lehrerin, die über die MEDI-Kanäle virtuelle Kurse anbot. „Ich habe vor vielen Jahren privat eine Yoga-Lehrer-Ausbildung sowie verschiedene Weiterbildungen in diesem Bereich absolviert. Mit Beginn der Pandemie mussten die Yoga-Studios schließen, und ich konnte erst einmal nur online weiter unterrichten“, erzählt sie. „Als alle Kolleginnen und Kollegen dann im Lockdown zu Hause saßen, wollte ich ihnen und mir etwas Gutes tun und habe in der Mittagspause online Yoga-Kurse angeboten.“ Angesichts ihres aktuellen beruflichen Pensums kann Ritter die Online-Kurse nicht mehr anbieten und widmet sich wieder rein privat dem Yoga, so wie sie sich auch mit Reiten, Joggen und Bouldern fit hält. „Aber für die Phase der Pandemie war das eine tolle Sache“, erinnert sie sich.
Antje Thiel