Rund 3.000 niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte und Psychotherapeutinnen und -therapeuten und ihre Teams haben am heutigen Mittwoch, 21. Juni 2023, vor dem neuen Schloss in Stuttgart gegen die aktuelle Gesundheitspolitik demonstriert. Der fachübergreifende Ärzteverband MEDI Baden-Württemberg e. V. hatte zu der Protestveranstaltung aufgerufen – gemeinsam mit weiteren elf Berufsverbänden. Praxisteams aus ganz Baden-Württemberg nahmen an der Demonstration in der Landeshauptstadt teil. Ihre Forderung: Sicherstellung der ambulanten Versorgung und bessere Rahmenbedingungen für die niedergelassenen Praxen.
„Die katastrophale Berliner Politik der letzten Jahre ist ein Desaster für uns Niedergelassene, für unsere Teams, für die Patientinnen und Patienten und für die ganze ambulante Versorgung“, erklärte der stellvertretende MEDI-Vorstandsvorsitzender Dr. Michael Eckstein, der die Protestaktion für den Ärzteverband MEDI initiiert hatte und durch die Veranstaltung führte.
„Wir haben bisher stillgehalten. Wir haben die unsägliche Telematikinfrastruktur unter Strafandrohung einführen müssen, wir haben den Großteil der Patientinnen und Patienten in der Coronapandemie versorgt und die Krankenhäuser vor dem Zusammenbruch gerettet. Wir erdulden eine uralte Gebührenordnung und die Fachärzteschaft erduldet einen Diebstahl ihrer Honorare in Form der Budgets. Aber damit ist jetzt Schluss. Uns reicht‘s jetzt!“, so Eckstein, der in Reilingen im Rhein-Neckar-Kreis eine Hausarztpraxis betreibt.
Der Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg Dr. Wolfgang Miller sprach zu Beginn der Veranstaltung ein Grußwort. Auch die Vorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg Dr. Karsten Braun und seine Stellvertreterin Dr. Doris Reinhardt nahmen an der Veranstaltung teil. Auf der Bühne übergaben sie symbolisch ein großes Paket mit der Aufschrift „Solidarität“.
Der MEDI-Vorstandsvorsitzende Dr. Werner Baumgärtner kritisierte als erster Redner auf der Bühne die „Flickschusterei“ der Politik: „Das Gesundheitssystem ist krank. Die politisch verantwortete Budgetierung, Zwangsdigitalisierung, gesetzliche Reglementierung und Überbürokratisierung zerstören die Praxen. Die Regel ist heute, dass niedergelassene Praxen nicht nachbesetzt werden und das ist erst der Anfang“, mahnt Baumgärtner.
Der designierte MEDI-Vorstandsvorsitzende Dr. Norbert Smetak warnte: „Wenn die Politik nicht aufwacht und endlich auf die medizinische Basis hört, werden wir nicht ruhen und weiter protestieren – auch im Interesse unserer Patientinnen und Patienten.“ Smetak soll im Juli den MEDI-Vorsitz von Dr. Werner Baumgärtner, dem langjährigen Vorsitzenden und Gründer der Ärzteorganisation, übernehmen.
Allgemeinmedizinerin Dr. Cathérine Hetzer-Baumann aus Altenriet engagiert sich für das Nachwuchsprogramm Young MEDI und kritisierte die zunehmende Bürokratisierung in den Praxen: „Es kann nicht sein, dass die Zeit an und mit unseren Patientinnen und Patienten mittlerweile den geringsten Anteil im Praxisalltag einnimmt. Dafür bin ich nicht Ärztin geworden.“
Petra Schäfer, Medizinische Fachangestellte (MFA) und Praxismanagerin einer Praxis für Psychiatrie und Psychotherapie in Herrenberg, erinnerte in ihrer Rede an die Leistungen ihrer Kolleginnen und Kollegen während der Pandemie. „Ich möchte anklagen, dass uns die Regierung offenbar während der Pandemie hinsichtlich der verdienten Wertschätzung einfach vergessen hat“, kritisierte Schäfer.
Auch Vertreterinnen und Vertreter weiterer Ärzteverbände kamen zu Wort. Darunter der Vorsitzende des Verbandes der Kinder- und Jugendärzte in Baden-Württemberg Dr. Roland Fressle. Er machte auf die dramatische Terminnot und Aufnahmestopps der Kinder- und Jugendärzteschaft aufmerksam. Eltern von Neugeborenen fänden keinen Kinderarzt mehr. Außerdem wies er auf den Medikamentennotstand hin. Seine Forderungen: Sicherstellung der Medikamentenforderung durch die Politik, Bürokratieabbau und eine sinnvolle Digitalisierung.
Im Rahmenprogramm des Protesttags trat der Poetry-Slammer und Comedian Max Oswald auf und brachte die Versorgungsprobleme der Patientinnen und Patienten humoristisch auf den Punkt. Sein Tipp: „Wenn Du keinen Arzttermin bekommst, dann suche Dir Freunde in allen medizinischen Fachdisziplinen!“
Die Protestaktion wurde von MEDI initiiert und von diesen weiteren Ärzteverbänden unterstützt:
Hausärzteverband Baden-Württemberg e. V., Spitzenverband der Fachärztlichen Berufsverbände in Baden-Württemberg, Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e. V., Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V., Berufsverband der Frauenärzte e. V., Hessenmed e. V., Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie e. V., Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten e. V., Berufsverband der Deutschen Urologie e. V., MEDI GENO Deutschland e. V. und DENTIMED GmbH.
Über MEDI:
MEDI Baden-Württemberg e. V. ist ein Zusammenschluss von rund 5.000 niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten aller Fachrichtungen und Psychotherapeutinnen und -therapeuten. Schwerpunkte sind die politische Interessenvertretung für unsere Ärzteschaft, fachübergreifendes Denken und Handeln sowie die elektronische Arztvernetzung. Der Erhalt einer wohnortnahen ambulanten Versorgung durch freiberufliche Praxen ist ein weiteres zentrales Anliegen.
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