„Das ist schon ein ziemlicher Bürokratie-Dschungel“

Im Februar hat die konstituierende Vertreterversammlung der Landesärztekammer Baden-Württemberg stattgefunden. Zum ersten Mal mit dabei war Dr. Christine Blum. Die Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie und Quereinsteigerin in die Allgemeinmedizin ist auch Sprecherin von Young MEDI – einem Nachwuchsprogramm von MEDI.

MEDI: Frau Dr. Blum, meinen Glückwunsch zur Wahl in die Landesärztekammer Baden-Württemberg. Hat sich Ihr Leben dadurch wesentlich verändert?

Blum: Life-changing ist das nicht! (lacht). Aber ich freue mich auf jeden Fall über die Wahl. Es ist ein weiterer Schritt in Richtung Berufspolitik und insofern für mich tatsächlich wichtig.

MEDI: Haben Sie schon erste praktische Erfahrungen gemacht?

Blum: Die halten sich noch in Grenzen. Bisher beschränkt sich meine praktische Erfahrung auf die konstituierende Vertreterversammlung, die am 11. Februar stattgefunden hat. Die unterschiedlichen Statements rund um die Wahl des Vorstands und der einzelnen Ausschüsse waren tatsächlich eine interessante Erfahrung. Ich will hier bewusst nicht in die Einzelheiten gehen, nur so viel: Die Diskrepanz der Interessen zwischen dem ambulanten und dem stationären Sektor ist doch teilweise groß.

MEDI: In der Ärztekammer gibt es ja diverse Ausschüsse und Arbeitskreise. Haben Sie vor, sich irgendwo zu engagieren?

Blum: Ja, es gibt diverse Ausschüsse mit wichtigen Themen. Aber ich habe mich aus privaten Gründen nicht für einen Ausschuss aufstellen lassen. Meine zeitlichen Kapazitäten mit zwei kleinen Kindern sind im Augenblick einfach begrenzt.

MEDI: Was könnte bei der Berufsausübung der Ärztinnen und Ärzte besser geregelt sein?

Blum: Die Bürokratie ist ausufernd. Egal, ob man in der Weiterbildung ist, eine Weiterbildungsermächtigung beantragt oder sich frisch niederlässt. Das ist schon ein ziemlicher Dschungel. Hier müssen wir bessere Hilfestellungen geben und Wege zur Vereinfachung aufzeigen. Das ist auch ein großes Anliegen von Young MEDI. Weitere Beispiele sind die immer stärkere Beanspruchung von Ärztinnen und Ärzten im ambulanten Bereich und die zunehmenden Versorgungslücken. Im stationären Sektor ist die Reform der Krankenhauslandschaft ein wichtiges Thema, das auch die Berufsausübung betrifft.

MEDI: Sie sind Sprecherin von Young MEDI. Gibt es Themen, die für die jüngere Generation der Ärztinnen und Ärzte besonders wichtig sind?

Blum: Uns ist es ein großes Anliegen, mehr Kolleginnen und Kollegen für die ambulante Versorgung zu motivieren und Hilfestellungen für die Niederlassung anzubieten. Weder während des Studiums noch während der Facharztausbildung wird man darauf vorbereitet, was es bedeutet, selbständig zu sein. Daher glaube ich, dass viele Kolleginnen und Kollegen das als eine große Hürde ansehen und den Schritt in die Selbständigkeit scheuen.

MEDI: In manchen Ärztekammern gibt es Ärztinnen-Arbeitskreise für Parität. Ist das ein Thema für Sie? Sollten Gremien der ärztlichen Selbstverwaltung paritätisch besetzt werden?

Blum: Ich bin für Chancengleichheit und ich finde auch, dass die gleiche Leistung nicht unterschiedlich bewertet oder honoriert werden sollte. Hier gibt es sicherlich noch einiges zu tun. Das bedeutet andererseits für mich aber nicht zwingend eine Parität.

MEDI: Zu wenige Blutkonserven und Medizinstudienplätze, Pannen bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen, die Situation der vielen chronisch kranken Kinder oder auch fehlende Hitzeschutzkonzepte für den Sommer in der Stadt – die Ärztekammern beziehen Standpunkt zu einem bunten Strauß an Themen. Haben Sie schon den Überblick?

Blum: Ja, es gibt viele Themenfelder und auch Missstände. Wir dürfen nicht müde werden, sie anzupacken. Und mir ist sehr wohl bewusst, dass wir auch in dieser Legislaturperiode einige dicke Bretter zu bohren haben. Aber wir Ärztinnen und Ärzte haben die Möglichkeit, in der Selbstverwaltung unsere Belange zu organisieren, um unseren Beruf ein Stück weit selbst zu gestalten. Daher ist es umso wichtiger, dass die Ärzteschaft fach- und sektorenübergreifend zusammenarbeitet. Ich möchte deshalb noch darauf hinweisen, dass am 21. Juni eine große Protestaktion der Ärzteschaft auf dem Stuttgarter Schloßplatz geplant ist. Hier wollen wir unsere Forderungen gegenüber der Politik nochmals zum Ausdruck bringen. Ich bitte alle Praxisteams, aber auch Patientinnen und Patienten, uns zu unterstützen!

Ruth Auschra

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Die fachübergreifenden Ärzteverbände MEDI GENO Deutschland e. V. und MEDI Baden-Württemberg e. V. sehen die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) ab Mitte Januar 2025 sehr kritisch. Die digitale Akte sei weder technisch noch strukturell ausgereift. Ein finanzieller Ausgleich für den erheblichen Mehraufwand in den Praxen ist laut Ärzteverbände zudem nicht vorgesehen. Auch über die Transparenz stigmatisierender Diagnosen beispielsweise durch Einsicht in Medikationslisten sollten Patientinnen und Patienten informiert werden. Parallel zur Aufklärungskampagne der Bundesregierung plant MEDI in den kommenden Wochen eine eigene bundesweite Patientenaufklärung in den Praxen.