Dr. Norbert Smetak ist stellvertretender Vorsitzender von MEDI Baden-Württemberg e.V., Chef des Instituts für Fortbildung und Versorgungsforschung der MEDI Verbünde e.V. und Vorsitzender des Bundesverbandes Niedergelassener Kardiologen. Bei der KV-Wahl steht er mit ganz oben auf dem zweiten Platz auf der MEDI-Liste. Worum geht es ihm?
MEDI: Herr Dr. Smetak, der MEDIVERBUND hat die Hausarztzentrierte Versorgung und die Facharztverträge in Baden-Württemberg auf die Beine gestellt. Ist eine KV in dieser Situation überhaupt von Bedeutung?
Smetak: Ja, unbedingt. Zum einen braucht es auch in Zukunft eine positive Begleitung durch die KV, zum Beispiel beim Thema Bereinigung. Zum anderen fördern die Fortschritte in den Selektivverträgen die Innovationen auch im Kollektivbereich. Um dies umzusetzen, braucht es in der KV das fachübergreifende Denken wie es MEDI in den Genen trägt und die sinnvolle Kooperation mit dem Hausärzteverband.
MEDI: Stichwort „Digitalisierung im Gesundheitswesen“ – da gibt Deutschland kein besonders positives Bild ab, oder?
Smetak: Ja, leider. Aber dafür gibt es eine Erklärung! Wir Ärzte und Ärztinnen würden ja auch gerne digital arbeiten. Aber das, was uns im Rahmen der Digitalisierung zur Verfügung gestellt wird, stört mehr als es hilft. Angefangen vom Konnektor in der TI – technisch veraltet und unsicher. Jetzt soll er auch noch getauscht werden! Bis hin zum E-Rezept und einer untauglichen elektronischen Patientenakte. Das sind alles Produkte, bei denen Arztpraxen als Versuchslabor im Alltag missbraucht werden. Auf der anderen Seite nutzen wir in unseren Versorgungsverträgen längst regionale Gestaltungsspielräume für eine sinnvolle und sichere Digitalisierung der Praxen. Auch die elektronische Vernetzung mit Kliniken ist angelaufen. Es geht also!
MEDI: Was sind hier für Sie die wichtigsten Forderungen?
Smetak: Wir brauchen rasch eine softwaregestützte TI, wir brauchen eine arztzentrierte Patientenakte und wir brauchen ausgereifte und suffizient erprobte Digitalisierungstools. Das ist machbar!
MEDI: Angeblich werden ja immer mehr Arztpraxen von profitorientierten Unternehmen übernommen. Sehen Sie die Gefahr eines Ausverkaufs der ambulanten Versorgung?
Smetak: Zunehmend nehmen Investoren den Gesundheitsmarkt ins Visier. Anfangs waren es „nur“ fachärztliche Strukturen wie Augenärzte, Radiologen und Dialyseeinheiten. Inzwischen werden jedoch auch hausärztliche Bereiche entdeckt. Unsere Praxen müssen sich wohl oder übel dem Wettbewerb mit Krankenhäusern und Kapitalgesellschaften stellen. Dies stellt zunehmend die freiberufliche Selbständigkeit in Frage und damit die patientenorientierte Versorgung. Und dieses Thema ist natürlich auch verbunden mit einer sinnvollen und zufriedenstellenden Vergütung.
MEDI: Befürchten Sie Folgen für die Zukunft der ambulanten Medizin oder die jungen Ärztinnen und Ärzte?
Smetak: Ja. Ich sehe eine Zunahme an ökonomischen „Sachzwängen“, also an Strukturen, die an der Gewinnoptimierung orientiert sind. Es gibt viele Gründe, warum wir uns zusammenschließen und neue Strukturen aufbauen müssen. Kurz gesagt: Wir haben nur eine Chance, wenn wir unsere Zukunft selbst gestalten. Das gilt auch und ganz besonders für die KV-Wahl!
Ruth Auschra