Stuttgart, 14.03.2022 – STARKIDS („Stufenmodell Adipositasprävention und -therapie im Kindes- und Jugendalter“) ist konzipiert für übergewichtige und adipöse Kinder ab drei Jahren, Jugendliche und deren Eltern. Das intensive einjährige Behandlungsprogramm wird vom Innovationsfonds als Studienprojekt gefördert. Es verbindet Schulungen beim Kinder- und Jugendarzt mit einem darauf abgestimmten unterstützenden Online-Portal. Profitieren können davon Teilnehmer*innen am HausarztProgramm für Kinder und Jugendliche der AOK Baden-Württemberg. Hauptziele sind die Gewichtsreduzierung und die Verbesserung der Lebensqualität. Ein wichtiges Unterfangen, denn allein in Baden-Württemberg leben rund 100.000 Kinder mit Adipositas (KiGGs-Studie). Und laut der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kinder- und Jugendalter werden weniger als ein Prozent der Betroffenen nach den aktuellen S3-Leitlinien behandelt.
In der Studie werden je 500 Patienten in die STARKIDS- und die Kontrollgruppe eingeschlossen und nach Projektende im Hinblick auf Unterschiede ausgewertet. Interessierte Praxen können sich noch bis Ende Juni 2022 an der Studie beteiligen. Federführend entwickelt, gesteuert und wissenschaftlich evaluiert wird STARKIDS von der Medizinischen Universitätsklinik Tübingen als Konsortialführer und dem Gesundheitsamt Stuttgart als Projektpartner. Weitere Projektpartner sind die AOK Baden-Württemberg, die Universität Tübingen, das Zentralinstitut Seelische Gesundheit Mannheim, der CES Verlag und auf Ärzteseite der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), die Hausärztliche Vertragsgemeinschaft und MEDI Baden-Württemberg.
„Übergewichtige Kinder und Jugendliche werden in den teilnehmenden Kinder- und Jugendarztpraxen identifiziert und zunächst auf bereits bestehende Grund- und Folgeerkrankungen untersucht“, erklärt Prof. Dr. Stefan Ehehalt, Leiter des Gesundheitsamts Stuttgart. „Daraufhin werden sie bei Interesse und Zustimmung der Eltern zu dem einjährigen Behandlungsprogramm eingeladen.“ Als Teilnahmeanreiz erhalten alle Patienten außerdem einen Bonus von 200 Euro, wenn sie bis zum Ende des Programms durchhalten. Für die jungen Patienten und ihre Eltern werden bis zu sechs strukturierte Präsenzschulungen angeboten – gegliedert nach den Themen Essen und Trinken, Medien und Bewegung und Familienleben. Die unterstützende Online-Plattform enthält vielfältige Inhalte und praktische Tipps zur Umsetzung im Alltag, etwa in Form von Filmen, Lernspielen oder Tagebüchern. Das vertieft die Schulungsinhalte und soll den Familien und insbesondere den teilnehmenden Kindern vor allem auch Spaß machen und sie motivieren. Eingeschlossene Familien werden alle zwei Wochen daran erinnert, ihre individuellen Ziele und die Gewichtsentwicklung zu reflektieren. Eine Feedbackfunktion auf der Plattform ermöglicht auch den Ärzten Verlaufskontrollen durchzuführen. „STARKIDS ist ein niederschwelliges, strukturiertes und leitliniengerechtes Versorgungsangebot in das 20 Jahre Vorarbeit und Erfahrungen eingeflossen sind“, so Prof. Ehehalt. „Im Erfolgsfall ist die Gewichtsentwicklung der Kinder und Jugendlichen positiv, Lebensqualität und soziale Teilhabe erhöhen sich langfristig und das Risiko für Folge- und Begleiterkrankungen wird gesenkt.“ Gibt es nach einem Jahr noch keine ausreichenden Verbesserungen und weiteren Unterstützungsbedarf, bietet das örtliche Gesundheitsamt eine ausführliche Anschlussberatung mit Vermittlung weiterführender Therapieangebote an.
Dr. Klaus Rodens, Mitglied im BVKJ-Bundesvorstand und Studienarzt, kommentiert: „Gerade in der Pandemiezeit ist die Arbeitsbelastung noch höher als zuvor. Aufgrund von Kontaktbeschränkungen und Bewegungsarmut stellen wir eine deutliche Gewichtszunahme bei Kindern und Jugendlichen gegenüber der Vor-Coronazeit fest. Aus meiner Sicht sucht das STARKIDS-Projekt im ambulanten Bereich seinesgleichen. Hervorzuheben ist der frühzeitige Einstieg bereits ab drei Jahren, und dass wir bei Übergewichtigen niederschwellig präventiv arbeiten können. Zeitgemäß und didaktisch gut strukturiert ist außerdem die unterstützende Online-Plattform. Und wichtig ist, dass die Durchführung der Schulungen durch unsere MFA erfolgt, die oft einen sehr guten Draht zu den Eltern haben. Diese sinnvolle Erweiterung des Aufgabenspektrums entlastet uns Ärzte und wertet auch das Berufsbild der MFA auf. Auch die Anschlussoption nach Programmablauf durch Einbindung der Gesundheitsämter ist ein guter neuer Ansatz. Ich empfehle deshalb den Kolleginnen und Kollegen, nach Möglichkeit bei STARKIDS mitzumachen.“
Für die Behandlung adipöser Kinder und Jugendlicher fehlen in Deutschland bis dato flächendeckende ambulante Versorgungsangebote. Der Vorstandsvorsitzende der AOK Baden-Württemberg, Johannes Bauernfeind, dazu: „STARKIDS hat ein großes Potenzial und wir sind sehr froh, dass die Patientenrekrutierung für dieses neuartige und zeitgemäße Behandlungsprogramm im Rahmen unserer Selektivverträge jetzt gestartet ist. Entscheidend für den Erfolg ist die Mitwirkung der Kinder- und Jugendärzte, denn sonst wird sich an der Unterversorgung nicht wirklich etwas ändern können.“
Zusatzinformation für Praxen, die am STARKIDS-Programm teilnehmen wollen:
Per E-Mail: starkids@med.uni-tuebingen.de oder per Telefon: 07071-29-89109
Quelle: Universitätsklinikum Tübingen Abteilung Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Kontakt für Presseanfragen:
AOK Baden-Württemberg – Telefon: 0711 2593-229, presse@bw.aok.de
BVKJ Landesverband Baden-Württemberg – Telefon: 0172 741 8803
Gesundheitsamt Stuttgart – stefan.ehehalt@stuttgart.de
MEDI Baden-Württemberg – Telefon: 0711 806079-223
Medizinische Universitätsklinik Tübingen – Telefon: 07071 29 86714