Als Geschäftsführer der MEDI-MVZ hat Wolfgang Fink keinen Job mit geregelten Arbeitszeiten. Neue Strategien tüftelt er am liebsten im Team aus, notfalls auch bis nach Mitternacht. Er hat die zentrale Organisation der MEDI-MVZ mit Leben gefüllt und für die organisatorischen Anpassungen während der Pandemie gesorgt.
Mittlerweile gibt es in Baden-Württemberg sieben Medizinische Versorgungszentren (MVZ) an neun Standorten, die nach dem MEDI-Konzept aufgebaut wurden. Dort arbeiten 36 Ärzte, zwei Psychotherapeuten und 68 MFA, davon über 20 VERAH. Gemeinsam mit den ärztlichen Leitern trägt Fink die Verantwortung für über 100.000 Patienten pro Jahr.
„Durch die Coronapandemie waren wir alle stark belastet“, erklärt er, „aber wir haben uns sehr gut durchmanövriert.“ Wichtiger organisatorischer Bestandteil war das Informationsmanagement: Fink sorgte dafür, dass alle wesentlichen Informationen vorgehalten und weitergegeben wurden, sodass alle MFA, Ärztinnen und Ärzte mit einem Blick auf den Bildschirm up to date waren.
Mit Ärztethemen wuchs er auf
Wenn der Vater eine große chirurgische Praxis aufbaut, gehören Ärztethemen wohl zum Familienleben dazu. Fink lernte schon als Kind Probleme und Lösungsansätze niedergelassener Ärzte kennen. Nach der Schule entschied er sich für die Gesundheitsökonomie. Vor dem Studium ging es ein Jahr lang in die Praxis, er lernte Kliniken von innen kennen, brachte sich auf Station ein und hatte Patientenkontakt. Dann folgte das Studium, das zur Hälfte aus einem „Mini-Medizinstudium“ bestand, zur anderen Hälfte aus Management, Medizintechnik und Controlling.
Erste Berufserfahrungen
Nach dem Studium stieg Fink in die Geschäftsleitung eines großen Ärztezentrums in Kirchheim unter Teck ein. Sein Job war es, Mediziner, Angestellte und weitere Berufsgruppen wie Physio- und Ergotherapeuten unter einen Hut zu bringen. Außerdem war er in der Immobilienverwaltung tätig.
„Bei MEDI fand ich es reizvoll, dass die Grundidee eine Stufe höher direkt im Berufsverband mit dem Fokus auf die hausärztliche Versorgung angesiedelt war.“, erläutert Fink. Das Kirchheimer MVZ war rein fachärztlich. „Ich bekam bei MEDI im Februar 2016 die Möglichkeit, mein Wissen und meine Erfahrungen aus Kirchheim skalierbar einzusetzen“, sagt Fink, „und zwar unter dem Dach des Berufsverbands, der von Ärzten für Ärzte da ist.“
Versorgung versus Anspruchshaltung
Finks Vorstellung von der medizinischen Versorgung in zehn Jahren ist nicht wirklich optimistisch. Er stellt sich vor, dass Patienten auf der Suche nach einem Hausarzt eine ähnliche Situation erleben wie Wohnungssuchende in Ballungsgebieten heute. Nicht jede Region wird seiner Vorstellung nach medizinisch versorgt sein. Stattdessen könnte ein unkoordinierter Flickenteppich aus unterschiedlichsten Versorgungsprojekten und traditionellen Arztpraxen entstehen. „Der Delegationsdruck wird steigen, auf dem Arbeitsmarkt wird sich der Kampf um gut ausgebildete MFA weiter verstärken“, fürchtet der Gesundheitsökonom.
Dieses Bild passt kaum zu der Realität in den Praxen, wo Patienten immer häufiger mit einer Art Selbstbedienungsmentalität auftauchen mit dem Anspruch, ihre Wünsche in Vollkaskomanier jetzt sofort erfüllt zu bekommen. „Es ist vielleicht die wichtigste Aufgabe der neuen Regierung, hier für eine Lösung zwischen persönlicher Entfaltung und sozialen Verpflichtungen zu sorgen. Die Gräben zwischen den verschiedenen Lagern und die allgemeine Unsicherheit, die Corona aufgetan hat, müssen offen diskutiert und geschlossen werden. Wir haben mit unserer ambulanten Versorgung eines der leistungsfähigsten Gesundheitssysteme der Welt. Das darf nicht durch falsch verstandenen Individualismus in Gefahr gebracht werden“, fordert Fink nachdenklich und ergänzt: „Wir brauchen in den Praxen und Krankenhäusern endlich wieder einen Normalzustand, sonst wenden sich immer mehr junge Ärztinnen und Ärzte von der medizinischen Versorgung ab.“
Ruth Auschra