Niedrigere Darmkrebsinzidenz bei Versicherten im AOK-Haus- und Facharztprogramm

14. April 2021

Analysen der Jahre 2010 bis 2019 bei über 50-jährigen Versicherten belegen eine deutlich niedrigere Darmkrebsinzidenz bei Teilnehmern an der hausarztzentrierten Versorgung (HZV) gegenüber der Regelversorgung (RV). Die Inzidenzrate in der HZV-Gruppe lag im Jahr 2019 im Vergleich zu 2010 bei minus 21,2 Prozent, in der RV nur bei minus 5,0 Prozent.

Pro 100 Tsd. Versicherten entspricht dies einem Rückgang von 229,1 auf 180,5 Fälle in der HZV und von 206,1 auf 195,7 Fälle der RV. Maßgeblich dazu beigetragen haben die seit 2011 jährlich auf freiwilliger Basis an alle 55- bis 59-Jährigen unter dem Namen „Darm-Check“ versendeten Einladungsschreiben zur Durchführung einer Vorsorgekoloskopie (VSK). Seit 2014 wurden in der HZV außerdem bereits Versicherte ab 50 Jahren in die Früherkennung von Darmkrebs einbezogen, um die Sinnhaftigkeit einer Absenkung der Altersschwelle wissenschaftlich zu untersuchen.

Die Auswertung ergab, dass eine routinemäßige VSK insbesondere für Männer schon ab einem Alter von 50 sinnvoll ist. Seit 2019 gibt es mittlerweile den Anspruch auf ein Einladungsverfahren für eine VSK auch in der RV – für Männer ab dem 50. und für Frauen ab dem 55. Lebensjahr.

Die Vertragspartner der Hausarzt- und Facharztverträge in Baden-Württemberg haben ihre regionalen Gestaltungsmöglichkeiten genutzt und fördern bereits seit dem Start des Facharztvertrags Gastroenterologie im Jahr 2011 die Teilnahme an der VSK. Dabei profitierten Männer deutlich stärker. Die Inzidenzrate lag 2010 bei 299 Fällen (RV: 264) und neun Jahre später bei 228 (RV: 234), während die Entwicklung bei Frauen – allerdings auf niedrigerem Niveau – von 176 Fällen (RV: 164) auf 144 (RV: 165) zurückging.

Früherkennung bleibt unverzichtbar
Der Vorstandsvorsitzende der AOK Baden-Württemberg, Johannes Bauernfeind, sagt dazu: „Früherkennung ist und bleibt bei Darmkrebs unverzichtbar und kann viele Leben retten, und wir werden durch die vorliegenden Inzidenzzahlen in unserer Vorreiterrolle bestätigt. Dennoch sehen wir noch Verbesserungsbedarf, um die Inzidenz weiter zu senken. Wir ziehen deshalb in Erwägung, das Einladungsschreiben für die VSK um einen kostenlosen immunologischen Stuhltest (FIT) zu erweitern, um dadurch die Vorauswahl gefährdeter Personen noch effektiver zu machen.“

Den diesbezüglichen Zusatznutzen belegt eine Studie, die Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) gemeinsam mit der AOK Baden-Württemberg, dem Hausärzteverband, den Facharztverbänden (bng und BNFI) und MEDI Baden-Württemberg durchgeführt haben. Die 2020 veröffentlichte Studie* zeigte, dass bei 50- bis 54-Jährigen mit positivem FIT die Entdeckungsrate fortgeschrittener Neoplasien mit 21 Prozent mehr als dreimal höher war als bei Versicherten ohne vorherigen FIT.

Erfolgsgeschickte „Darm-Check“
Prof. Dr. Leopold Ludwig, Vorsitzender des bng in Baden-Württemberg und MEDI-Sprecher, kommentiert: „Die Zahlen der AOK stehen in Einklang mit Ergebnissen anderer Untersuchungen, die zeigen, dass die Vorsorgekoloskopie die Inzidenz und die Mortalität von Darmkrebs eindrucksvoll verringert. Der ‚Darm-Check‘ ist eine Erfolgsgeschichte und ein Paradebeispiel für die regionalen Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der Haus- und Facharztverträge, die im Kollektivvertrag so nicht möglich sind.”

Bei der Durchführung einer Darmspiegelung erhalten die Patienten als Extra-Service eine Terminvergabe auf Wunsch innerhalb von 14 Tagen. Für Teilnehmer am Facharztprogramm sind außerdem alle Darmreinigungsmittel zuzahlungsfrei.

* Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 423-30; DOI: 10.3238/arztebl.2020.0423

 

Social Media

Folgen Sie uns auf unseren Plattformen.

Aktuelle MEDI-Times

MEDI-Newsletter

Mit dem kostenfreien MEDI-Newsletter informieren wir Sie regelmäßig über aktuelle Themen und die neuesten Angebote. Bleiben Sie mit uns auf dem Laufenden!

Die Datenschutzerklärung habe ich zur Kenntnis genommen und bin damit einverstanden.*

Auf Facebook kommentieren!

„Diabetologische Leistungen sind im EBM nur unzureichend abgebildet“

Wachsende Patientenzahlen, steigende Anforderungen an die Therapie und fehlende Finanzierung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) stellen diabetologische Schwerpunktpraxen (DSP) bundesweit vor große Herausforderungen. Wer sich in Baden-Württemberg dem MEDI-Diabetologievertrag angeschlossen hat, ist deutlich besser dran. Der Diabetologe Dr. Richard Daikeler erläutert die Stärken des Vertrags – und erklärt, warum er den Protest der Kolleginnen und Kollegen bundesweit unterstützt.

Neues Konzept zur ambulanten Weiterbildung: „Das ist eine Investition in die Zukunft“

Neues Konzept zur ambulanten Weiterbildung: „Das ist eine Investition in die Zukunft“

Mehr ambulante Angebote, weniger Fokus auf die Kliniken – wohin die Reise bei der Weiterbildung im Fach Allgemeinmedizin gehen soll, ist eigentlich klar. Doch der Weg dorthin gestaltet sich allzu oft holprig. Ein neues Konzept von Young MEDI unter der Federführung der Allgemeinmedizinerin Dr. Christine Blum und des Orthopäden Dr. Ferdinand Gasser soll das ändern und die ambulante Weiterbildung attraktiver und zugänglicher gestalten.

Elektronische Patientenakte: MEDI fordert deutliche Verschiebung für sicheren Start –Scharfe Kritik an intransparenter Kommunikation des BMG

MEDI Baden-Württemberg e. V. fordert eine deutlich längere Testphase für die elektronische Patientenakte (ePA) und das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf, den Start der ePA realistisch und transparent anzupassen. Die Bedenken der Anbieter der Praxisverwaltungssysteme (PVS) müssten ernst genommen werden. Die aktuelle Kommunikation des BMG zur Zeitplanung sorge für Verwirrung bei der niedergelassenen Ärzteschaft.