Ass.-jur. Frank Hofmann, Vorstand der MEDIVERBUND AG, gibt ein Update über den aktuellen Stand Telematikinfrastruktur (TI) und die Musterklagen zum TI-Konnektor.
MEDI: Herr Hofmann, wie ist der aktuelle Stand? Die Klagen laufen ja schon länger.
Hofmann: Es gibt ja zwei Arten von Musterverfahren: Einmal die Verfahren wegen unzureichender Kostenerstattung bei Installation des Konnektors. Hier ist in erster Instanz beim Sozialgericht Stuttgart eine Entscheidung gegen uns ergangen. Aktuell läuft die Berufung beim Landessozialgericht.
Zum anderen gibt es die Klagen gegen die Honorarkürzung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen bei Verweigerung der Installation des Konnektors. Hier sind wir noch im erstinstanzlichen Verfahren und die erste mündliche Verhandlung ist, möglicherweise bedingt durch die Pandemie, noch nicht anberaumt.
MEDI: Gibt es Entwicklungen in der Politik, die Auswirkungen auf die Musterverfahren haben?
Hofmann: Nein, eher umgekehrt, denn seit unseren Musterklagen ist einiges in Gang gekommen. Ein Kernpunkt unserer Argumentation in den Klagen gegen den Honorarabzug bei Installationsverweigerung ist ja der Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung als höherrangiges Recht wegen fehlender Regelung der datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit beim Betrieb des Konnektors. Im Ende letzten Jahres zur elektronischen Patientenakte verabschiedeten Patientendatenschutzgesetz wurde geregelt, wer die datenschutzrechtliche Verantwortung für die TI und den Konnektor trägt. Das Gesetz ist hier auch nach Meinung der Datenschutzbeauftragten nicht ausreichend, aber es wurde zumindest mal eine Regelung zur Verantwortlichkeit getroffen.
Im aktuellen Entwurf des Gesetzes zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege ist vorgesehen, dass die Ärzte im Zusammenhang mit dem TI-Konnektor keine Datenschutzfolgenabschätzung mehr durchführen müssen.
MEDI: Ab 2023 soll es anstelle des jetzigen Hardware-Konnektors einen sogenannten Zukunfts-Konnektor geben.
Hofmann: Richtig! Auch das aktuelle White-Paper der gematik zur TI 2.0 sieht den Wegfall des jetzigen Hardware-Konnektors vor. Das geht alles in die richtige Richtung, ändert aber nichts daran, dass die Honorarabzugsbescheide mindestens bis zum Inkrafttreten dieser Gesetze rechtswidrig sind. Und darum geht es in unseren Musterklagen.
MEDI: Einige Ärzte, die die Installation des Konnektors verweigert haben, haben mittlerweile durch die Honorarabzüge der KVen spürbare finanzielle Belastungen und befürchten weitere Maßnahmen der KVen. Was sagen Sie diesen Ärzten?
Hofmann: Wir können und wollen niemanden zwingen, die Konnektorinstallation zu verweigern. Trotzdem sehen wir gerade angesichts der angekündigten Abschaffung des Hardware-Konnektors keinen Grund, jetzt noch zu installieren. Das Aussetzen der Honorarabzüge bei Nichtinstallation des Konnektors werden wir bei der KV weiterhin einfordern.
Einige Praxisinhaber befürchten zudem, dass die Kassenärztliche Vereinigung ihnen die Zulassungen entziehen könnte, wenn im kommenden Herbst die eAU und später weitere Anwendungen wie das eRezept wegen fehlendem Konnektor nicht umgesetzt werden. Es ist aber überhaupt nicht sicher, ob die technischen Voraussetzungen für eRezept und eAU rechtzeitig vorliegen werden. Und die rechtlichen Hürden für einen Zulassungsentzug sind so hoch, dass dieser kaum eintreten wird.