Infiziert in der Praxis: Covid-19 als Berufskrankheit

7. Dezember 2020

Covid-19 kann für Beschäftigte in ambulanten medizinischen Einrichtungen als Berufskrankheit anerkannt werden. Was bedeutet das und welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden?

Als Berufskrankheit wird eine Erkrankung bezeichnet, die durch besondere Einwirkungen verursacht wird. Eine bestimmte Personengruppen muss durch ihre Arbeitsausübung dabei einem Risiko in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sein. Die Berufskrankheiten sind in der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) abschließend aufgeführt. Unter die Berufskrankheiten fallen nach Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV auch Infektionskrankheiten.

Welche Voraussetzungen müssen für die Anerkennung erfüllt werden?
Voraussetzungen einer Covid-19-Erkrankung als Berufskrankheit sind:

  • Die erkrankte Person war zum Zeitpunkt der Infektion im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch andere Tätigkeiten in ähnlichem Maße infektionsgefährdet.
  • Es hat einen Kontakt mit einer Covid-19-infizierten Person im Rahmen der beruflichen Tätigkeit im Gesundheitswesen stattgefunden. Daraufhin sind relevante Krankheitserscheinungen aufgetreten.
  • Es erfolgte ein positiver Nachweis des Virus durch einen PCR-Test.

Wichtig: Die erhöhte Infektionsgefahr am Arbeitsplatz muss nachgewiesen werden. Maßgebend ist, wie stark das berufliche Umfeld durch Covid-19-Infektionen betroffen und wie hoch die Gefahr der Übertragung zu beurteilen ist. Die Übertragungsgefahr wird über Art, Häufigkeit und Dauer der Tätigkeit bestimmt sowie über die Art und Weise, wie eine Übertragung erfolgen kann.

Geht die Infektionskrankheit nachweislich auf eine versicherte Tätigkeit zurück, geht das Gesetz davon aus, dass die Infektion wegen und während dieser Gefahrenlage erfolgte und die Krankheit verursacht hat. Somit kann eine Berufskrankheit vorliegen.

Anders verhält es sich, wenn im konkreten Fall ausgeschlossen werden kann, dass die Infektion während der beruflichen Tätigkeit und durch diese auftrat. In diesem Fall ist eine erhöhte Infektionsgefahr ohne Bedeutung und es wird nicht von einer Berufskrankheit ausgegangen.

Welcher Versicherungsträger ist zuständig?
Der zuständige Versicherungsträger hängt vom Arbeitgeber ab. Für Einrichtungen privater Träger ist es die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW). Die regionale Unfallkasse beziehungsweise der regionale Gemeinde-Unfallversicherungsverband ist zuständig für Einrichtungen öffentlicher Träger.

Welche Leistungen werden gezahlt?
Im Falle einer Anerkennung als Berufskrankheit werden die Kosten der Heilbehandlung sowie der medizinischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation von der gesetzlichen Unfallversicherung übernommen.

Verbleibt nach der Genesung eine geminderte Erwerbsfähigkeit, so ist die Zahlung einer Rente möglich – im Todesfall eine Hinterbliebenenrente. Auch die Kosten für einen Test auf Covid-19 werden in der Regel übernommen, sofern ein relevanter, direkter Kontakt mit einer an Covid-19-infizierten Person im Rahmen der beruflichen Tätigkeit im Gesundheitswesen stattgefunden hat.

Was sollen Praxen tun, wenn Beschäftigte sich bei ihrer Arbeit infizieren?

  • Bei einem konkreten Covid-19-Verdacht haben die betroffenen Mitarbeiter umgehend den Hausarzt zu kontaktieren und spätestens bis zum Bekanntwerden des Testergebnisses in häuslicher Quarantäne zu verbleiben.
  • Sämtliche Kontaktflächen des betroffenen Mitarbeiters sollten gründlich gereinigt werden.
  • Über das weitere Vorgehen entscheidet der Hausarzt. Er stellt bei Bedarf eine Krankschreibung aus.
  • Personen, die unmittelbaren Kontakt zu der Verdachtsperson hatten, sollten ermittelt werden. Sollte sich der Verdacht einer Infektion bestätigen, sind die Namen dieser Personen an das Gesundheitsamt zu übermitteln.
  • Ist das Testergebnis positiv, meldet der Arzt das Ergebnis an das Gesundheitsamt. Dieses wird in Absprache mit dem Arbeitgeber weitere Regelungen treffen. Der Mitarbeiter bleibt 14 Tage in häuslicher Quarantäne, sofern keine Behandlung im Krankenhaus notwendig ist.
  • Der Arbeitgeber sollte in dieser Zeit möglichst in Kontakt mit den betroffenen Mitarbeitern bleiben, um Fragen zu Freistellung, Lohnfortzahlung, Heimarbeit oder Kontaktpersonen zu klären.
  • Besteht der Verdacht, dass eine Berufskrankheit vorliegt, sollte der Versicherungsträger umgehend über die Infektion informiert werden.
  • Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) weist in ihrem Informationsblatt darauf hin, dass Ärztinnen, Ärzte sowie Arbeitgeber verpflichtet sind, der gesetzlichen Unfallversicherung den begründeten Verdacht auf eine Berufskrankheit auf dem entsprechenden Vordruck anzuzeigen. Die Anzeiger müssen Betroffene über Inhalt und Adressat der Verdachtsmeldung informieren. Betroffene können auch selbst einen Verdacht auf eine Berufskrankheit melden, wenn die Kriterien erfüllt sind. Es gibt dafür keine Formvorgaben.
Angela Wank

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