Krisenkommunikation: Wie sage ich es dem Team?

13. Mai 2020

Niemand überbringt gern schlechte Nachrichten. Leider gehört es aber auch zu den Führungsaufgaben in der Arztpraxis, über Angst vor Erkrankung, Kurzarbeit oder Entlassungen zu sprechen. Schnell, offen und transparent soll die Kommunikation in Krisenzeiten sein. Einfach ist das nicht!

Ängste gehören mit zur Pandemie. Es ist gut nachvollziehbar, wenn sich MFA sowohl vor einer Infektion als auch vor pandemiebedingten finanziellen Einbußen fürchten. Eine gereizte, verängstigte oder zynische Stimmung belastet das ganze Team und vergeht auch nicht nach Feierabend.

Es beruhigt, wenn die Praxisführung verspricht, alles zu unternehmen, um die Krise gemeinsam zu meistern. Dazu gehört die Sicherheit am Arbeitsplatz genauso wie die Sicherheit des Arbeitsplatzes. Es ist Chefsache, über diese Themen zu informieren. Am besten ehrlich und wertschätzend, schnell und ohne falsche Versprechungen. Das ist auch im Interesse der Praxis: Wird das Thema totgeschwiegen, brodelt die Gerüchteküche und verängstigte Mitarbeiter könnten die Flucht in eine Krankschreibung für die sicherste Lösung halten.

Teamsitzungen

Für Informationen über die aktuelle Praxissituation durch die Coronakrise sind regelmäßige Teamsitzungen der beste Ort. Sie müssen nicht zu stundenlangen Aussprachen werden, wo jeder seinen Lieblings-Epidemiologen zitiert. Es ist wichtig, dem Coronathema einen inhaltlichen, zeitlichen und örtlichen Rahmen zu geben. Die Zeitabstände für diese Teamsitzungen sollten an die aktuelle Bedürfnislage angepasst werden. Dadurch sollte sich die Gerüchteküche beruhigen, so dass sich alle wieder auf die Arbeit konzentrieren können.

Kein Arzt kann heute mit Sicherheit sagen, wie sich die ökonomische Situation der Praxen weiterentwickeln wird. Aber Sie können kommunizieren, dass Sie alle wichtigen Fragen mit den Experten in Ihrem Netzwerk lösen. Ganz wichtig ist es, immer wieder daran zu erinnern, dass alle in einem Boot sitzen.

Klare, ehrliche Worte könnten zum Beispiel sein: „Die Praxis kann diese brenzlige Situation eine Zeit lang aushalten. Wir wissen heute nicht, wie sich die Pandemie entwickeln wird und wie sich das auf unsere Praxis auswirkt. Sie können sich aber darauf verlassen, dass ich Sie so früh wie möglich informiere, wenn die Situation ernster wird.“

Kurzarbeit und Kündigung

In Krisenzeiten kann es Kurzarbeit und Kündigungen geben. Das lässt sich nicht beschönigen oder verheimlichen. Verunsicherung entsteht durch Unwissen. Es ist beruhigend, wenn Sie klare Worte finden, etwa: „Wir haben zwar Einnahmerückgänge von x Prozent, aber die Rücklagen reichen auf jeden Fall für die nächsten x Wochen. Am xx habe ich einen Termin beim Steuerberater, um zu entscheiden, ob wir Kurzarbeit anmelden müssen. Wir tun alles, um gemeinsam durch diese Krise zu kommen.“ Im Idealfall kommt die Teamstimmung wieder auf einer Sachebene an und man kann gemeinsam nach praktikablen Lösungsansätzen für konkrete Probleme suchen.

Irgendwann zwingen dauerhaft sinkende Einnahmen jedes Unternehmen zu personellen Konsequenzen. Die Botschaft sollte man partnerschaftlich und respektvoll überbringen. Wichtig ist es, die sachliche Notwendigkeit als Grund für die Veränderungen zu verdeutlichen. „Ich habe ein wirklich gutes Team und mir wäre es am liebsten, wenn ich alle bei einer angemessenen Bezahlung durch die Krise bringen könnte. Ich würde jetzt gerne Pläne machen, wie wir nach Corona wieder durchstarten! Aber seit heute weiß ich, dass (…). Es tut mir persönlich sehr leid, aber wir müssen jetzt schweren Herzens zu einem Plan B greifen.“

Der richtige Rahmen

Die allgemeine Information findet im Rahmen einer Teamsitzung statt. Wenn nur einzelne Angestellte von den Maßnahmen betroffen sind, sollten diese unbedingt vor der Teambesprechung in Einzelgesprächen informiert werden. Diese Gespräche finden in Ruhe statt, nicht zwischen Tür und Angel.

Die Information selbst dauert ungefähr 60 Sekunden, aber das Gespräch kann sich bis auf eine Stunde ausdehnen. Nicht, weil Sie die Entscheidung in Frage stellen lassen, sondern um Emotionen zu verarbeiten und möglicherweise über Perspektiven zu sprechen. Sehen Sie den Zeitaufwand ruhig auch als Teil des Praxismarketings: Von diesem Gespräch hängt es ab, was der betreffende Mitarbeiter später über Sie berichten wird.

Keine Trennung muss endgültig sein. Vielleicht sind Sie in sechs Monaten wieder auf der Suche nach gut ausgebildetem Personal? Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel ist es ratsam, die schmerzliche Botschaft so wertschätzend wie möglich zu kommunizieren.

Ruth Auschra

 

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