Baumgärtner zur Streikrecht-Klage: „Wir werden nicht aufgeben“

22. November 2019

Nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Entscheidung zum Streikrecht für Vertragsärzte abgelehnt hat, besteht nun die Möglichkeit einer Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. „Wir prüfen das derzeit und treffen dann eine Entscheidung“, erklärt Dr. Werner Baumgärtner, Vorstandsvorsitzender von MEDI GENO Deutschland und MEDI Baden-Württemberg. Er kämpft seit langem auch vor Gericht dafür, dass Niedergelassene streiken und ihre Praxen über einen längeren Zeitraum hinweg schließen dürfen. Zu der vor über zwei Jahren dazu eingelegten Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG jetzt beschlossen, die Beschwerde nicht zur Entscheidung anzunehmen.

Der Fall wurde zunächst vor dem Sozialgericht in Stuttgart, später vor dem Bundessozialgericht in Kassel verhandelt. Danach zog Baumgärtner weiter vor das Bundesverfassungsgericht und reichte dort seine Beschwerde ein. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht einen ablehnenden Beschluss gefasst und dabei ausgeführt, dass der Verfassungsbeschwerde keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukomme.

Für Ass.-jur. Frank Hofmann, Vorstand der MEDIVERBUND AG, ist die Begründung durch das BVerfG auch angesichts der über zweijährigen Bearbeitungszeit enttäuschend. „Wir haben den Eindruck, dass sich das Gericht nicht vertieft mit der Angelegenheit auseinandersetzen wollte“, sagt Hofmann. Gegenstand der Verfassungsbeschwerde war eine Disziplinarmaßnahme der KV Baden-Württemberg gegen Baumgärtner und einige weitere Kollegen, die während der Sprechzeiten ihre Praxis im Sinne eines Warnstreiks geschlossen hatten, um der Forderung nach einem anderen ärztlichen Honorarsystem Nachdruck zu verleihen. Die KV warf den Ärzten einen Verstoß gegen die für Vertragsärzte geltende Präsenzpflicht vor.

Das BVerfG konnte keinen Verstoß gegen Artikel 9 des Grundgesetzes erkennen. Dieses Grundrecht schützt zwar die Freiheit, Vereinigungen zur Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu bilden. Das Gericht ist aber offenbar der Meinung, dass nur gewerkschaftlich getragene, auf Tarifverhandlungen bezogene Aktionen geschützt seien.

Ebenso hat das BVerfG keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass das Grundrecht auf Berufsausübungsfreiheit nach Artikel 12 des Grundgesetzes verletzt wurde. Zwar wurde die Frage, ob Arbeitskampfmaßnahmen in den Schutzbereich des Artikels 12 Grundgesetz fallen, ausdrücklich offengelassen. Obwohl dieser Gedanke hier auf der Hand liegt, hat dieser Gesichtspunkt für das Gericht keine Rolle gespielt, weil angeblich die vorgetragene Begründung zur Verfassungsbeschwerde unzureichend gewesen sei.

Deswegen möchte Baumgärtner vor den Europäischen Gerichtshof ziehen.

Social Media

Folgen Sie uns auf unseren Plattformen.

Aktuelle MEDI-Times

MEDI-Newsletter

Mit dem kostenfreien MEDI-Newsletter informieren wir Sie regelmäßig über aktuelle Themen und die neuesten Angebote. Bleiben Sie mit uns auf dem Laufenden!

Die Datenschutzerklärung habe ich zur Kenntnis genommen und bin damit einverstanden.*

Auf Facebook kommentieren!

MEDI GENO: Bundesweite Vernetzung für mehr politische Schlagkraft

Mit dem Verbund MEDI GENO Deutschland e. V. gewinnt MEDI auch bundespolitisch immer mehr an Einfluss. Für Dr. Christian Messer (MEDI Berlin-Brandenburg) und Dr. Ralf Schneider (MEDI Südwest) war die fachübergreifende Zusammenarbeit innerhalb von MEDI der Grund, sich dem Bündnis anzuschließen. Doch auch auf die politische Arbeit und praxisnahen Dienstleistungen von MEDI möchten sie nicht mehr verzichten.

Bundestagswahl: MEDI GENO Deutschland fordert hohe Priorität für Gesundheitspolitik

Der fachübergreifende Ärzteverband MEDI GENO Deutschland e. V. fordert von der neuen Regierung, die Gesundheitspolitik oben auf der Agenda zu platzieren. Gesundheit sei neben Wirtschaft und Migration eines der wichtigsten Themen für die Bevölkerung. Die kommenden vier Jahre werden darüber entscheiden, ob die ambulante Versorgung für die Zukunft gesichert ist. Schon heute fehlen tausende niedergelassene Haus- und Fachärztinnen und -ärzte sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten. Der Ärzteverband fordert, die in Baden-Württemberg erfolgreich etablierten Haus- und Facharztverträge als Blaupause bundesweit auszurollen.

Bundestagswahl 2025: MEDI lädt Politikerinnen und Politiker in die Sprechstunde ein

Das Thema Gesundheitspolitik findet im Wahlkampf zwischen Migration und Wirtschaft leider viel zu wenig Aufmerksamkeit. Deshalb hat MEDI mit der politischen Sprechstunde ein eigenes Format entwickelt, um Politikerinnen und Politikern die prekäre Situation von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten im persönlichen Gespräch in den Praxen aufzuzeigen.