MEDI GENO-Vorstand kritisiert DVG als „Deckmantel für zentrale Sammlung von Gesundheitsdaten“

11. November 2019

Der Vorstand von MEDI GENO Deutschland ist über die Annahme des Digitalen Versorgungsgesetzes (DVG) im Bundestag entsetzt. Er sieht im Gesetz die Gefahr, dass die Digitalisierung als Deckmantel benutzt wird, um das Selbstbestimmungsrecht von Niedergelassenen und Patientinnen und Patienten auszuhebeln und eine zentrale Sammlungen von Gesundheitsdaten zu rechtfertigen. „Minister Spahn will Patientendaten trotz aller Sicherheitslücken zentral speichern und verarbeiten“, kritisiert Dr. Werner Baumgärtner, Vorstandsvorsitzender von MEDI GENO Deutschland. Auch werden die Praxen in Deutschland per Gesetz verschärft zwangsdigitalisiert.

Dr. Thomas Drabinski vom Institut für Mikrodaten-Analyse in Kiel wies als geladener Gast bei der Vorstandssitzung von MEDI GENO Deutschland auf die Gefahr der Pseudonymisierung hin. Zum Schutz der sensiblen Patientendaten sei auf allen Ebenen eine strenge Anonymisierung der Daten nötig, um eine Re-Identifikation der Patienten zu verhindern. „Keine Frau wünscht, dass sich Herr Spahn im Detail anschauen kann, welche Ergebnisse die letzte Untersuchung beim Frauenarzt mit sich gebracht hat“, so Drabinski. Für Versorgungsforschung sei die Datenbank beim GKV-Spitzenverband sowieso viel zu groß und zu unsicher, da man versuche, „mit Kanonen auf Spatzen zu schießen“.

Weltweit wurden bereits Patientenakten, die zentral gespeichert wurden, im großen Stil gehackt. MEDI GENO Deutschland bezweifelt, dass Gesundheitsdaten von 73 Millionen Deutschen vor kriminellen Hackern geschützt werden können. Besonders vor dem Hintergrund, dass für die bisherige Zwangsdigitalisierung der Praxen eine Technik verwendet wird, die veraltet und unsicher ist. „Die verwendeten Konnektoren schützen die Praxen und die Patientendaten nicht vor Angriffen, wie beispielsweise aus der Telematikinfrastruktur“, warnt Baumgärtner. „Praxisinhaber dürfen die Konnektoren auch nicht auf Sicherheit überprüfen lassen und bisher hat die gematik auch noch keine Datenschutzfolgenabschätzung vorgelegt, wie sie eigentlich von den Datenschützern vorgeschrieben wurde“, ergänzt er. Gemäß der europäischen Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) dürften die Praxen gar nicht an der Vernetzung teilnehmen, werden aber gesetzlich dazu gezwungen.

„In dieser Situation ein solches Gesetz zu verabschieden ist ein schwarzer Tag für Praxen und ihre Patientinnen und Patienten, denn es gibt Alternativen, die ohne zentrale Datenspeicher auskommen und technisch besser und preisgünstiger sind“, so der MEDI GENO-Chef weiter.

“Wer das Recht des Einzelnen, selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen, in Zweifel zieht, kratzt an unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung”, warnt der stellvertretende Vorsitzende von MEDI GENO Deutschland und 1. Sprecher der Ärztegenossenschaft Nord Dr. Svante Gehring.

MEDI GENO setzt sich für eine nützliche Digitalisierung im Gesundheitswesen ein, ist aber vehement gegen eine zentrale Datenspeicherung. „Wir unterstützen deshalb in Musterklagen die Verweigerer der Telematikinfrastruktur gegen den Honorarabzug und werden auch Klagen unterstützen, wenn Praxen oder Patientenakten gehackt wurden. Wir müssen alles tun, um zu technisch besseren Lösungen bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen zu kommen, der aktuelle Weg ist ein Irrweg“, so Baumgärtner.

Social Media

Folgen Sie uns auf unseren Plattformen.

Aktuelle MEDI-Times

MEDI-Newsletter

Mit dem kostenfreien MEDI-Newsletter informieren wir Sie regelmäßig über aktuelle Themen und die neuesten Angebote. Bleiben Sie mit uns auf dem Laufenden!

Die Datenschutzerklärung habe ich zur Kenntnis genommen und bin damit einverstanden.*

Auf Facebook kommentieren!

„Diabetologische Leistungen sind im EBM nur unzureichend abgebildet“

Wachsende Patientenzahlen, steigende Anforderungen an die Therapie und fehlende Finanzierung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) stellen diabetologische Schwerpunktpraxen (DSP) bundesweit vor große Herausforderungen. Wer sich in Baden-Württemberg dem MEDI-Diabetologievertrag angeschlossen hat, ist deutlich besser dran. Der Diabetologe Dr. Richard Daikeler erläutert die Stärken des Vertrags – und erklärt, warum er den Protest der Kolleginnen und Kollegen bundesweit unterstützt.

Neues Konzept zur ambulanten Weiterbildung: „Das ist eine Investition in die Zukunft“

Neues Konzept zur ambulanten Weiterbildung: „Das ist eine Investition in die Zukunft“

Mehr ambulante Angebote, weniger Fokus auf die Kliniken – wohin die Reise bei der Weiterbildung im Fach Allgemeinmedizin gehen soll, ist eigentlich klar. Doch der Weg dorthin gestaltet sich allzu oft holprig. Ein neues Konzept von Young MEDI unter der Federführung der Allgemeinmedizinerin Dr. Christine Blum und des Orthopäden Dr. Ferdinand Gasser soll das ändern und die ambulante Weiterbildung attraktiver und zugänglicher gestalten.

Elektronische Patientenakte: MEDI fordert deutliche Verschiebung für sicheren Start –Scharfe Kritik an intransparenter Kommunikation des BMG

MEDI Baden-Württemberg e. V. fordert eine deutlich längere Testphase für die elektronische Patientenakte (ePA) und das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf, den Start der ePA realistisch und transparent anzupassen. Die Bedenken der Anbieter der Praxisverwaltungssysteme (PVS) müssten ernst genommen werden. Die aktuelle Kommunikation des BMG zur Zeitplanung sorge für Verwirrung bei der niedergelassenen Ärzteschaft.