Patientin mit Assistenzhund

13. November 2019

Zu Anna gehört Assistenzhund Jojo, den sie aus mehreren Gründen braucht. Sie ist 1. schwerst mehrfach traumatisiert (Traumafolgestörungen), 2. Autistin, hat 3. ein Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) und 4. Anaphylaxien. Das EDS verursacht verschiedene Komorbiditäten, vor allem aber luxierende Gelenke und Schmerzen, sodass zu ihrem Alltag Opiate, Muskelrelaxanzien und Rollstuhl oder Rollator gehören. Und Jojo! 

Jojo als Helfer

Der große weiße Pudel hilft ihr beim Aufräumen oder leert die Waschmaschine, unterwegs unterstützt er sie beim Gehen, Stehen oder schiebt den Rollstuhl kurz an. Wenn sie Krämpfe und Schmerzen hat, legt sich der Hund auf ihre Beine. Jojo kann Anaphylaxien erkennen und anzeigen. Dann bringt er ihr das Notfallset und drängt sie zur Einnahme der Medikamente. „Er ist mein Lebensretter“, sagt Anna. Der Hund hilft ihr auch gegen Angst, Unsicherheit, Reizüberflutung und Kommunikationsprobleme.

Warum kann ausgerechnet ein Tier Traumapatienten unterstützen? Anna erinnert daran, dass es Menschen waren, die sie traumatisiert haben. Wenn eine intime psychische Unterstützung durch Menschen nicht mehr möglich ist, kann die Beziehung zu einem Tier auf einer ganz anderen Ebene stattfinden. „Ohne Jojo bin ich teilweise kaum in der Lage, mit Menschen zu sprechen“, sagt sie. Es ist allerdings nicht für jeden sichtbar, wie wichtig der Hund für die junge Frau ist. Das wird zum Problem, wenn Anna und Jojo zum Beispiel eine Arztpraxis betreten.

Nach anfänglichen Diskussionen darf Jojo mittlerweile zur Hausärztin, der Urologin und dem Schmerzdoc mitkommen. Bei ihrem neuen Kardiologen musste sie nichts erklären, der kannte sich aus. Auch die Bereitschaftspraxis und Annas „Stamm-Notaufnahme“ haben sich an das Duo gewöhnt. Sie warten im Wartezimmer und gehen gemeinsam in den Behandlungsraum. Ab und an bekommt Jojo, auch Kuschelschäfchen genannt, noch eine Streicheleinheit vom Personal, was ihn sehr erfreut. In anderen Praxen läuft es leider nicht so gut.

Die rechtliche Situation

Immer wieder müssen Patienten mit Assistenzhunden dafür kämpfen, dass sie ihren Hund mitnehmen dürfen. In Österreich gibt es ein Assistenzhunde-Gesetz, in Deutschland ist die rechtliche Situation weniger eindeutig. Allerdings wird das Verbot, den Assistenzhund mitzunehmen, als Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gewertet. Entsprechende Stellungnahmen gibt es etwa vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Assistenzhunde dürfen in Lebensmittelgeschäfte) oder der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern und in Gesundheitseinrichtungen.

Hund in der Praxis

Assistenzhunde sind gut erzogen, viel besser als „normale“ Hunde. Sie bringen also nicht bellend Unruhe in die Praxis, sie urinieren nicht ins Wartezimmer oder bedrohen andere Menschen. Zu ängstlichen Patientinnen und Patienten oder Hundeallergikern können Assistenzhunde und ihre Halter, je nach den räumlichen Bedingungen, möglichst viel Abstand halten. Ideal ist natürlich ein Termin ganz zu Anfang oder am Ende der Sprechstunde.

Ruth Auschra

Social Media

Folgen Sie uns auf unseren Plattformen.

Aktuelle MEDI-Times

MEDI-Newsletter

Mit dem kostenfreien MEDI-Newsletter informieren wir Sie regelmäßig über aktuelle Themen und die neuesten Angebote. Bleiben Sie mit uns auf dem Laufenden!

Die Datenschutzerklärung habe ich zur Kenntnis genommen und bin damit einverstanden.*

Auf Facebook kommentieren!

Neues Konzept zur ambulanten Weiterbildung: „Das ist eine Investition in die Zukunft“

Neues Konzept zur ambulanten Weiterbildung: „Das ist eine Investition in die Zukunft“

Mehr ambulante Angebote, weniger Fokus auf die Kliniken – wohin die Reise bei der Weiterbildung im Fach Allgemeinmedizin gehen soll, ist eigentlich klar. Doch der Weg dorthin gestaltet sich allzu oft holprig. Ein neues Konzept von Young MEDI unter der Federführung der Allgemeinmedizinerin Dr. Christine Blum und des Orthopäden Dr. Ferdinand Gasser soll das ändern und die ambulante Weiterbildung attraktiver und zugänglicher gestalten.

Elektronische Patientenakte: MEDI fordert deutliche Verschiebung für sicheren Start –Scharfe Kritik an intransparenter Kommunikation des BMG

MEDI Baden-Württemberg e. V. fordert eine deutlich längere Testphase für die elektronische Patientenakte (ePA) und das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf, den Start der ePA realistisch und transparent anzupassen. Die Bedenken der Anbieter der Praxisverwaltungssysteme (PVS) müssten ernst genommen werden. Die aktuelle Kommunikation des BMG zur Zeitplanung sorge für Verwirrung bei der niedergelassenen Ärzteschaft.