So löscht man Jameda-Bewertungen

10. Dezember 2018

Bewertungsportale wie Jameda boomen. Unzufriedene Patienten und vielleicht auch gehässige Nachbarn können hier anonym posten, was sie ihrem Arzt nie ins Gesicht sagen würden. Wie können Sie stressfrei gegen unfaire Bewertungen vorgehen und wann haben Sie Anspruch auf eine Löschung?

Jameda veröffentlicht die Daten aller Ärzte und gibt Patienten die Möglichkeit einer Bewertung – ob Sie das mögen oder nicht. Es ist keine Option, den eigenen Eintrag einfach löschen zu lassen, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt: Die Allgemeinheit habe ein Interesse daran, sich Daten über Ärzte, Therapeuten und Heilberufler schnell und vollständig zugänglich zu machen (Urteil vom 08.03.2012, Az.16 U125/11).

Eine Ärztin erstritt sich zwar das Recht, aus dem Verzeichnis gelöscht zu werden. Die Begründung dafür waren allerdings die neben ihrem Profil eingeblendeten Premiumprofile von Kollegen in ihrer Nähe. Diese Form der Ärztewerbung hat Jameda inzwischen eingestellt.

Beleidigung
Das Grundgesetz schützt das Recht auf freie Meinungsäußerung. Das gilt auch für Patienten und Bewertungsportale. Wenn jemand zum Beispiel schreibt „Diesen Arzt kann ich auf keinen Fall weiterempfehlen“ und als Gesamtnote eine 6,0 vergibt, dann war das bisher als eine Meinungsäußerung rechtlich nicht angreifbar. Anders ein aktuelles Urteil (Az.: I O 59/17): Ein Arzt hatte die Löschung einer negativen Bewertung ohne Text bei Google verlangt, das Landgericht Lübeck hatte ihm recht gegeben.

Allerdings darf bei der freien Meinungsäußerung die Grenze zur Beleidigung nicht überschritten werden. Das bedeutet im Klartext: Gegen Beleidigungen, Beschimpfungen und Schmähkritik kann man sich zur Wehr setzen – und das sollte man auch durchaus tun. Fiese Beschimpfungen sind heute auf Bewertungsportalen seltener geworden. Bei Jameda werden beispielsweise alle Eintragungen automatisch auf Schimpfwörter und Kraftausdrücke hin überprüft. Der Betreiber hat durchaus auch ein Eigeninteresse daran, solche Kommentare redaktionell zu entfernen, da die Haftung bei Beleidigung auch auf ihn übergeht.

Falsche Tatsachenbehauptungen
Auf Bewertungsportalen darf man seine Meinung äußern, aber keine unrichtigen Tatsachen über Ärzte verbreiten. Beispiele dafür können etwa Behauptungen sein wie:

  • „ich wurde nicht über die Risiken der Behandlung aufgeklärt“
  • „der Arzt hat meine Behandlung abgelehnt, obwohl ich ein Notfall war“
  • „mir wurden Medikamente verordnet, die kontraindiziert waren“.

Im Streitfall muss der bewertende Patient solche Tatsachen belegen.

Löschung gegen Zahlung?
Manche Ärzte meinen, dass die Inhaber zahlungspflichtiger Accounts von Jameda besser behandelt werden. Jameda verneint das. Auch zwei Urteile (LG München I (Az. 25 O 6581/17) und LG Köln (Az. 28 O 318/17)) sprechen dagegen. Die Kläger sind zwei zahlende Kunden von Jameda, ein plastischer Chirurg und eine Heilpraktikerin. Sie hatten die Löschung von kritischen Bewertungen erfolglos gefordert. Das Portal hatte die Authentizität der Bewertungen ausführlich geprüft und die Gerichte hatten die Veröffentlichung weiter gestattet.

In so einem Prüfprozess wird der Patient aufgefordert, eine Stellungnahme zu seiner Bewertung abzugeben oder zu belegen, dass er wirklich Patient der entsprechenden Praxis war. Falls der Patient während des Prüfprozesses einer Bewertung keine Rückmeldung gibt, wird die Bewertung gelöscht.

Was tun?
Kann und will ein niedergelassener Arzt es sich leisten, ein Bewertungsportal wie Jameda zu ignorieren? Sinnvoll ist das wohl kaum. Folglich wäre ein regelmäßiger Bewertungs-Check ratsam. Jameda informiert Therapeuten nämlich nicht automatisch, wenn neue Bewertungen veröffentlicht werden. Nur die ersten Bewertungen werden einem Therapeuten aktiv zugesandt. Anders ist es, wenn man mindestens einen Basis-Account bei Jameda einrichtet (kostenlos) – Account-Inhaber werden von Jameda über neue Bewertungen informiert.

Es ist zwar verständlich, wenn man sich angesichts einer kritischen Bewertung persönlich angegriffen fühlt. Trotzdem machen Schmollen und Vogel-Strauß-Taktik wenig Sinn. Eine schnelle Reaktion ist empfehlenswert.

Rechtswidrige Bewertungen muss Jameda ganz oder teilweise löschen. Wenn eine Bewertung aus Ihrer Sicht rechtswidrig ist, können Sie diese prüfen lassen (Button „Problem melden“). Ein einfacher Klick reicht nicht, Sie müssen detailliert schildern, welche Teile der Bewertung aus Ihrer Sicht nicht den Tatsachen entsprechen. Jameda löscht die Bewertung während des Prüfprozesses.

Ihre Stellungnahme wird an den Patienten weitergeleitet. Er wird um einen Beleg dafür gebeten, dass er in der Praxis war (zum Beispiel Überweisung oder Rezept). Anschließend werden Sie wiederum um eine Stellungnahme gebeten. Dann werden die Angaben anhand der rechtlichen Vorgaben gewertet: Meinungsäußerungen sind zulässig, Tatsachenbehauptungen müssen belegt werden.

Kommentieren!
Grundsätzlich macht es Sinn, die Bewertungsportale für eigene Kommentare zu nutzen. Für Lob kann man sich nett bedanken. In manchen Fällen wird man sogar Kritik benutzen können, um eine positive Wirkung zu erzielen. Wenn sich jemand über die schlechte telefonische Erreichbarkeit der Praxis beschwert, kann man zum Beispiel darauf hinweisen, dass der ärgerliche Personalengpass am Empfang mittlerweile durch die Einstellung von XY behoben werden konnte.

Auch bei kritischen bis unfairen Meinungsäußerungen kann eine charmante, auch gern witzige Kommentierung „Druck herausnehmen“ und einen Tatbestand in ein anderes Licht rücken. Wichtig ist allerdings eine sorgfältige und sachliche Wortwahl – und die Berücksichtigung der Schweigepflicht.

Ruth Auschra

 

Nachgefragt bei Ivona Büttner-Kröber
MEDI-Rechtsassessorin

»In manchen Fällen kann ein Anwalt helfen«

MEDI-Blog: Einige Rechtsanwälte haben sich auf Prozesse rund um Arztbewertungen spezialisiert. Wann würden Sie dazu raten, einen Anwalt in Anspruch zu nehmen?

Büttner-Kröber: Im Falle von unwahren oder falschen Behauptungen ist das durchaus angebracht. Eine falsche Tatsachenbehauptung muss nicht heißen, dass der Patient etwas erfindet. Sie kann auch zustande kommen, wenn es sich um unvollständige oder verfälschende Darstellungen handelt. Wenn der Patient etwas Wesentliches weggelassen hat, kann der Sachverhalt so verzerrt dargestellt sein, dass er den Tatsachen nicht mehr entspricht.

MEDI-Blog: Kennen Sie ein typisches Beispiel?

Büttner-Kröber: Oft geht es in den Bewertungen um angeblich falsche Behandlungen. Wenn man den Sachverhalt durchleuchtet, stellt man vielleicht fest, dass die Behandlung gerade durch eine mangelnde Mitarbeit des Patienten verzögert wurde. Ein anderer typischer Vorwurf lautet, dass der Arzt einen Notfall abgewiesen hat. Nachfragen ergeben manchmal, dass der Patient selbst nicht einschätzen konnte, ob ein Notfall gegeben war oder nicht.

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